Das Bürgergeld schafft mehr Respekt und Anerkennung im Sozialsystem – Zustimmung Thüringens im Bundesrat zur Einführung

Karola Stange
RedenKarola Stange

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/6626

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 7/6626

 

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörer auf der Tribüne, ich will mal so beginnen: Herr Kollege Herrgott, das Trauma, das Sie der SPD vorgeworfen haben, ich glaube, das Trauma und die Bewältigung dieses Traumas haben mehrere Fraktionen. Da gehört Ihre unter anderem auch dazu, denn Sie waren diejenigen, die im Bund nicht aktiv dagegen gestritten haben, als Hartz IV eingeführt wurde. Sondern Sie haben es in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten auch immer positiv begleitet.

Einen zweiten Punkt will ich gern sagen, Kollege Montag: Die Rede, die Sie heute hier gehalten haben, höre ich wohl. Ich hätte sie von Ihnen auch gern vor 15 Jahren hier im Landtag gehört – aber da waren Sie nicht, Sie waren von 2009 bis 2014 im Landtag, aber im Bund hatten Sie immer Ihre Fraktion, außer einmal –, da hätte ich genauso eine Rede gern von Ihnen, von der FDP gehört. Ich als Linke-Politikerin habe in den zurückliegenden Jahren nicht wirklich mitbekommen, dass Sie sich für Menschen und für ein existenzsicherndes Einkommen von Bürgerinnen und Bürgern ausgesprochen haben.

Darum will ich es an der Stelle auch noch mal so formulieren, Kollege Herrgott: Wenn jetzt das Bürgergeld auf den Weg gebracht wird, sind für mich nicht etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter die Leidtragenden, sondern für mich sind es die Menschen, die darauf angewiesen sind und die das Geld nicht zum Januar 2023 erhalten, weil vielleicht eine CDU eine Bremse reingehauen hat. Das sind für mich die Leidtragenden, wenn das Bürgergeld nicht kommt.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, das Bürgergeld ist in den letzten Tagen ganz oft durch die Presse gegangen. Na ja, manchmal glaube ich, es braucht immer mal solch ein Thema, um das Thema „Sozialneid“ in der einen und anderen Richtung voranzubringen. Ich will für meine Fraktion noch mal ganz deutlich sagen: Es ist gut, dass die Aktuelle Stunde heute zu dieser Thematik gebracht wurde, sodass wir uns schon mal vorab dazu positionieren können.

 

Ja, es ist gut, dass das Bürgergeld kommt und dass das System Hartz IV schrittweise umgestellt, reformiert wird – ich sage ausdrücklich: schrittweise. Es wurde bereits erwähnt: Es gibt ein paar positive Dinge, die mit dem Bürgergeld einhergehen. Das ist zum Beispiel, dass Versicherungen, die die Altersvorsorge gewährleistet haben, heute nicht mehr oder perspektivisch nicht mehr angegriffen werden. Das ist zum Beispiel, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr in Rente geschickt werden dürfen. Das ist zum Beispiel, dass das Mutterschaftsgeld freigestellt wird. Das ist zum Beispiel der erhöhte Vermögensfreibetrag, der in den letzten Tagen ganz oft in der Diskussion war. Und ich will es auch noch sagen: Es ist zum Beispiel auch, dass die Weiterbildung, die Qualifizierung einen neuen Stellenwert hat.

 

Ja, das ist alles gut und richtig. Aber ich sage gleichzeitig: Das Bürgergeld ist nur ein kleiner Wurf und darum werde ich die Kritik auch heute noch mal so formulieren: Wir als Linke sind mit 53 Euro mehr an Regelsatz für einen Erwachsenen überhaupt nicht zufrieden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Es bringt nicht einmal den Inflationsausgleich mit sich. Hier hätten wir schon mindestens 200 Euro mehr erwartet, damit die Bürgerinnen und Bürger jeden Monat wenigstens einen auskömmlichen Betrag auf das Konto überwiesen bekommen; meine Fraktion hat für morgen dazu auch Anträge im Bundestag eingereicht.

 

Wir haben auch Kritik am Thema „Sanktionsmodell“. Natürlich wird es weiterhin mit dem Bürgergeld Sanktionen geben, es heißt nur anders. Sanktionen waren in den zurückliegenden Jahren immer ein großer Kritikpunkt – auch durch mich und ich werde es auch immer wieder formulieren.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Sogar das Bundesverfassungsgericht hat 2019 geurteilt, dass Sanktionen endlich eingestellt werden müssen. Es kann doch nicht sein, dass ich, weil es – warum auch immer – ein Fehlverhalten gab, dass ich da mit Sanktionen belegt werden kann. Das sind Punkte, werte Kolleginnen und Kollegen, die stehen heute auch noch im Gesetzestext. Die müssen einfach abgeschafft werden. Weil wir morgen noch einmal Gelegenheit haben, zu dieser Thematik zu reden, will ich auch noch einmal sagen, werte Kollegen der SPD:

 

Vizepräsident Bergner:

 

Ihre Redezeit ist zu Ende.

 

Abgeordnete Stange, DIE LINKE:

 

Wenn es weitere rot-rot-grüne Koalitionen gegeben hätte, zum Beispiel in Brandenburg, wäre vielleicht die Möglichkeit gegeben, im Bundesrat nicht so auf einer Schlitterpartie zu fahren. Dann hätten wir diesen Gesetzestext durchgekriegt. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE)

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