Leistung muss sich lohnen – Aktivierender Sozialstaat statt alimentierendem Bürgergeld der Bundesregierung

Karola Stange
RedenKarola Stange

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6474

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6474

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörerinnen auf der Tribüne oder am Livestream! Herr Voigt, ich hätte ja gedacht, Sie haben so viel Rückgrat, dass Sie den Antrag heute Morgen einfach mal zurückziehen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

So viel Gegenwind, wie Ihnen mit dem Antrag in den zurückliegenden Tagen um die Ohren geflattert ist, so viel Gegenwind können Sie – glaube ich – doch gar nicht vertragen. Wenn allein der Paritätische Bundesverband sagt, das Geschrei der CDU/CSU auf Bundesebene

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist anmaßend!)

 

– ich würde es einfach runterbrechen auf die Länder – ist einfach menschenunwürdig. Es diskriminiert alle Bürgerinnen und Bürger, die seit 16 Jahren in Hartz IV sind, bzw. diskriminiert natürlich auch diejenigen, die leider eventuell ab 2023 ins Bürgergeld kommen. Wenn Vertreterinnen und Vertreter der Kirche sagen, das, was hier gerade abläuft mit einer Schmutzkampagne gegen das Bürgergeld, ist einfach unverschämt und Sie machen Politik an den Realitäten vorbei – dann bleibe ich dabei, Sie hätten den Antrag zurückziehen sollen und somit wäre uns heute Zeit erspart geblieben, darüber zu reden.

 

Ich will noch mal zwei Sätze sagen zu der Historie, denn das wird natürlich in den Diskussionen, die wir hier heute und gestern hatten, aber die auch draußen in der Öffentlichkeit geführt werden, immer wieder unterschlagen oder sie wird einfach nicht mehr mitgedacht. Hartz IV ist auf den Weg gebracht worden in einer ehemaligen Kampagnenlage wie jetzt Kampagne gemacht wird gegen das Bürgergeld. Für Hartz IV musste damals unter anderem Florida-Rolf herhalten. Das war der Deutsche, der in Florida unter den Palmen saß und als sogenannter Sozialschmarotzer bezeichnet wurde. 4 Millionen Euro Sozialhilfe gingen ins Ausland. Das war unvorstellbar. Damit wurde unter anderem auch Hartz IV begründet.

 

Und heute nehmen Sie eine ähnliche Strategie und sagen: Um Gottes willen, Menschen – die vielleicht 60.000 Euro auf ihrem Konto haben, denen ist es nicht zumutbar, Bürgergeld zu beantragen. Schämen Sie sich! Weil genau in dieser Krisenlage, in die wir gerade zusteuern oder bereits schon sind, sind es Kleinst- und Mittelunternehmen, die eventuell in Abhängigkeit geraten, weil sie nicht die Chance hatten, in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen und somit überhaupt keine Chance haben, Arbeitslosengeld I zu erhalten.

Es sind genau diese Kleinst- und Mittelunternehmen, die Soloselbständigen, die im Prinzip aufgefordert worden sind in der Coronakrise oder vielleicht in den nächsten Monaten, sich zum Bürgergeld zu bekennen. Wollen Sie denen die paar Euro, die sie sich mühsam zusammengearbeitet haben, auch noch wegnehmen? Ich glaube, das kann doch nicht der Anspruch der CDU Thüringen oder überhaupt der Anspruch der CDU und CSU auf Bundesebene sein.

 

Gestern habe ich schon ausgeführt, dass wir als Linke nicht alles gut finden, was mit diesem Gesetzestext auf den Weg gebracht wird, denn eigentlich müsste der Gesetzestext viel, viel weitergehen. Er ist ein kleiner Schritt, aber noch nicht der große Wurf, um ein wirkliches Bürgergeld, was diskriminierungsfrei, sanktionsfrei gezahlt wird, wirklich auf den Weg zu bringen. Aber es ist ein Anfang.

 

Mit Ihrer Schmutzkampagne – ich sage es einfach mal so –

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Sie sollten sich mal zusammenreißen!)

 

diskriminieren Sie alle diejenigen, die ab Januar 2023 auf 50 Euro mehr angewiesen sind,

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das wollen wir doch auch!)

 

Nein, Sie wollen es nicht. Wenn Sie es blockieren im Bundesrat, wenn Sie diesen …

 

(Unruhe CDU)

 

Vizepräsidentin Henfling:

 

Entschuldigung, meine Herren, in erster Linie hat die Abgeordnete Stange das Wort. Es ist sehr störend für die Rednerin, wenn Sie hier Dialoge über die Bänke führen.

 

Abgeordnete Stange, DIE LINKE:

 

Wenn Sie diesem Gesetzestext im Bundesrat nicht zustimmen, dann diskriminieren Sie natürlich die Menschen, denn sie haben keinen Anspruch, auch auf diese 502 Euro nicht. Das haben Sie scheinbar vergessen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Was für mich das Allerschlimmste ist: Ihre Kampagne der Aufrechnung, was man an Geldern hat, ob man Bürgergeld hat oder ob man Alleinerziehende mit zwei Kindern ist und zur Arbeit geht, das haben Sie abgeschrieben von Nazis, von Rechten. Was man an Geldern hat, ob man Bürgergeld hat oder alleinerziehend mit zwei Kindern ist und zur Arbeit geht, das haben Sie abgeschrieben von Nazis, von Rechten.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Das ist die Argumentation, natürlich. Gucken Sie genau die Zahlen.

 

(Unruhe CDU)

 

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Sie sind doch nicht ganz sauber!)

 

Gucken Sie auf die Seiten der einschlägigen Varianten von Parteien, und da werden Sie es sehen. Genau. Gucken Sie hin.

 

An der Stelle will ich noch zwei Sätze sagen, denn Sie wissen, dass wir diesen Antrag ablehnen. Packen Sie an der Stelle Ihre Sozialpolitik ein, vertrauen Sie darauf, dass Sozialpolitik mit gutem Augenmaß in Berlin und hier in Thüringen auf den Weg gebracht wird und nehmen Sie den Antrag zurück im Interesse der Thüringerinnen und Thüringer, die es benötigen. Recht herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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