Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1305 - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1302 -

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1305 - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1302 -


Der Antrag wird wie folgt geändert:

1. Nach Nummer 2 werden folgende neue Nummern 3 bis 5 eingefügt:

"3. § 34 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 2 wird das Wort 'zehn' durch das Wort 'einem' ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 2 werden die Worte 'einem Drittel der Ausschussmitglieder' durch die Worte 'einem Abgeordneten oder einer Fraktion' ersetzt.

4. In § 35 Abs. 2 wird das Wort 'zehn' durch das Wort 'einem' ersetzt.

5. Dem § 37 Abs. 7 werden folgende Sätze angefügt:

'Der betroffene Abgeordnete hat das Recht, gegenüber dem Ältestenrat schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen und im Plenum vor der Abstimmung über seinen Einspruch eine persönliche Erklärung abzugeben. Der Einspruch, die Unterrichtung der Präsidentin über die wesentlichen Beratungsergebnisse und Entscheidung des Ältestenrates sowie die Stellungnahme bzw. Erklärung des Abgeordneten werden als Landtagsdrucksache veröffentlicht, es sei denn, der Abgeordnete widerspricht der Veröffentlichung.'"


2. Die bisherige Nummer 3 wird zu Nummer 6 und wie folgt geändert:

a) Folgender neue Buchstabe a wird eingefügt:

"a) In § 44 Abs. 1 Satz 2 werden die Worte 'zehn anwesenden' durch die Worte 'einem anwesenden' ersetzt."

b) Der bisherige Wortlaut wird Buchstabe b.


3. Folgende neue Nummer 7 wird eingefügt: "7. § 45 Satz 4 wird aufgehoben."


4. Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 8 und wie folgt geändert:

a) Folgender neue Buchstabe a wird eingefügt

"a) In § 51 Abs. 1 Satz 2 werden die Worte '48 Stunden' durch die Worte '10 Tage' ersetzt."

b) Der bisherige Wortlaut wird Buchstabe b.


5. Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 9 und wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Buchstabe a.

b) Folgender neue Buchstabe b wird angefügt:

"b) § 52 Abs. 5 erhält folgende Fassung:

'(5) Berichte und Gutachten des Landesrechnungshofs oder der Landesbeauftragten überweist der Präsident an den zuständigen Ausschuss. Auf Antrag einer Fraktion oder von zehn Abgeordneten werden die Berichte im Plenum des Landtags beraten. Wird von den Antragstellern eine Weiterberatung im zuständigen Ausschuss verlangt, hat diese innerhalb von zwei Monaten in öffentlicher Sitzung zu erfolgen. Der Landesrechnungshof und die Landesbeauftragten haben das Recht, gegenüber dem Landtag im Nachgang zur Debatte im Plenum schriftlich Stellung zu nehmen.'"


6. Die bisherige Nummer 6 wird Nummer 10.


7. Folgende neue Nummern 11 und 12 werden eingefügt:

"11. In § 60 Abs. 1 werden die Worte 'zehn anwesende Abgeordnete' durch die Worte 'ein anwesender Abgeordneter' ersetzt.

12. In § 63 Abs. 1 Satz 2 werden die Worte 'von zehn' durch das Wort 'eines' ersetzt."


8. Die bisherige Nummer 7 wird Nummer 13.


9. Folgende neue Nummern 14 bis 17 werden eingefügt:

"14. In § 74 Abs. 2 Satz 1 werden die Worte 'eines Drittels der Ausschussmitglieder' durch die Worte 'von zwei weiteren Ausschussmitgliedern' ersetzt.

15. In § 75 Abs. 1 Satz 3 werden die Worte 'mindestens einem Drittel der Ausschussmitglieder' durch die Worte 'einem Abgeordneten oder einer Fraktion mit Unterstützung von zwei weiteren Ausschussmitgliedern' ersetzt.

16. § 78 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:

'Die Sitzungen der Ausschüsse sind in der Regel öffentlich, es sei denn, dass auf Antrag eines Drittels der Ausschussmitglieder aus wichtigem Grund, insbesondere zur Wahrung von Grund- und Persönlichkeitsrechten Dritter, die Öffentlichkeit mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ausgeschlossen wird.'

b) Die Absätze 3 und 3a) werden aufgehoben.

c) Die bisherigen Absätze 4 bis 7 werden die Absätze 3 bis 6.

17. § 79 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

'(1) Der federführende Ausschuss hat das Recht und bei Anträgen auf schriftliche Anhörung auf Verlangen eines Abgeordneten oder einer Fraktion mit Unterstützung von zwei weiteren Ausschussmitgliedern die Pflicht, zu den überwiesenen und nicht überwiesenen Aufgaben Sachverständige, Interessenvertreter und andere Auskunftspersonen anzuhören; jede Fraktion hat das Recht, bis zu zwei Anzuhörende zu benennen; ohne dass der Ausschuss über deren Ladung zur Anhörung abstimmt. Der Ausschuss kann beschließen, das Benennungsrecht zu erweitern. § 78 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.'"


10. Die bisherige Nummer 8 wird Nummer 18.


11.Folgende neue Nummern 19 und 20 werden eingefügt:

"19. Dem § 84 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

'Enquetekommissionen tagen in der Regel öffentlich; § 78 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.'

20. § 86 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Worte 'oder eines Ausschusses' durch die Worte 'oder in den beantragten Ausschüssen, wobei im Antrag der federführende Ausschuss zu benennen ist,' ersetzt.

b) In Absatz 3 Satz 1 werden die Worte 'im Ausschuss' durch die Worte 'in den Ausschüssen' ersetzt."


12. Die bisherige Nummer 9 wird Nummer 21.


13. Folgende neue Nummer 22 wird eingefügt:

"22. Folgender § 92 wird eingefügt:

"§ 92 Rechte des Fragestellers bei Beantwortung der Mündlichen Anfrage

Der Fragesteller kann gegenüber dem Präsidenten unmittelbar nach Beantwortung der Anfrage im Plenum oder bei schriftlicher Beantwortung innerhalb von drei Tagen nach Eingang der Antwort rügen, dass die Mündliche Anfrage nicht ausreichend beantwortet wurde. Der Fragesteller kann in gleicher Weise beantragen, dass die Antwort in einem zuständigen Ausschuss in öffentlicher Sitzung weiter beraten wird.'"


14. Die bisherige Nummer 10 wird Nummer 23 und Buchstabe a Doppelbuchstabe aa gestrichen.


15. Folgende neue Nummern 24 bis 27 werden eingefügt:

"24. Nach § 100 wird folgender Abschnitt eingefügt:

'XI. Bürgerbeteiligung im Gesetzgebungsverfahren'

25. Die bisherigen Abschnitte XI bis XV werden die Abschnitte XII bis XVI.

26. Folgender neue § 101 wird eingefügt:

'§ 101 Bürgerbeteiligung im Gesetzgebungsverfahren

(1) Die Öffentlichkeit ist über die beim Landtag eingebrachten Gesetzentwürfe dadurch zu informieren, dass sie

1. von den Einbringern öffentlich vorgestellt werden und auf die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung sowie die Fundstelle im Internet hingewiesen wird,

2. vom Landtag in einem eigenen Bereich auf der Internetseite des Landtags zugänglich gemacht werden,

3. vom Landtag zur Einsicht bereitgehalten werden und

4. auf Verlangen zuzuschicken sind.

(2) Jeder hat das Recht, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen, gegenüber dem Landtag schriftlich, insbesondere über das auf der Internetseite des Landtags angebotene Formular, zu den Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen.

(3) Gesetzentwürfe sind zum Zweck der Bürgerbeteiligung vom Landtag einem dafür federführenden Ausschuss zu überweisen, der die Bürgerbeteiligung durchzuführen hat; der Landtag kann hierauf mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder verzichten.

(4) Die Stellungnahmen von Bürgern sind in öffentlicher Ausschusssitzung aufzurufen und zu beraten. Der Ausschuss kann mit Bürgern, die eine schriftliche Stellungnahme eingereicht haben, in eine Aussprache eintreten.'

27.§ 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 erhält folgende Fassung:

'auf deren schriftliches oder mündliches Verlangen gegenüber dem Ausschuss sind die betroffenen Abgeordneten anzuhören und über das Ergebnis der Beratung zu informieren"'


16. Die bisherige Nummer 11 wird Nummer 28.


17. Folgende neue Nummer 29 wird eingefügt:

"29.In § 121 Abs. 2 werden die Worte 'mindestens zehn Abgeordnete’ durch die Wörter 'ein Abgeordneter' ersetzt."


18. Die bisherigen Nummern 12 und 13 werden Nummer 30 und 31.


Begründung:


In den Regelungen der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags haben sich die verfassungsrechtlichen Festlegungen hinsichtlich des Status und der Rechte der Abgeordneten sowie die Prinzipien der Transparenz und Pluralität in der demokratischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung des Parlaments möglichst weitgehend widerzuspiegeln. Diese Vorgaben werden in den vorliegenden Änderungen der Geschäftsordnung konkretisiert.


a) In den Nummern 1, 2, 7 und 17 wird das "Antragsquorum" auf einen Abgeordneten gesenkt, da es sich hierbei um Gestaltungsrechte im Rahmen der Debattenführung des Landtags handelt, die jedem Abgeordneten zustehen sollten. Am Beispiel Verschiebung der Schlussabstimmung (§ 63) erläutert: Jeder Abgeordnete hat das Recht bzw. die Verpflichtung, sich fundiert und umfassend auf eine Entscheidung bzw. Abstimmung vorzubereiten. Daher sollte es jedem Abgeordneten möglich sein, für sich die Sichtung und Bewertung des inhaltlichen Beratungsstandes nach vorgenommen Änderungen vor der endgültigen Abstimmung zu sichten.


b) In gleicher Weise werden die Gestaltungsrechte von Fraktionen hin- sichtlich des Beratungsverlaufs des Landtages in den Änderungen unter Nummer 9 gestärkt. Die Beantragung von (Sonder-)sitzungen der Ausschüsse und Anhörungen wird erleichtert durch Senkung des Antragsquorums für Fraktionen.


c) Eine verbesserte Widerspiegelung der Meinungspluralität in der Entscheidungsfindung und die Absicherung einer möglichst breiten Informationsbasis wird durch die Einführung eines Benennungsrechts der Fraktionen für Anzuhörende gewährleistet (vgl. Nummer 9). In eine vergleichbare Richtung weist die in Nummer 4 vorgeschlagene Änderung. Damit soll den Fraktionen bzw. Abgeordneten, aus deren Reihen der Wahlvorschlag nicht gekommen ist, genügend Zeit zur Auseinandersetzung mit der Person und damit verbundenen inhaltlichen Aspekten des Wahlvorschlags gegeben werden.


d) Die Rechte des Abgeordneten hinsichtlich der Befragung der Landesregierung und gegen Eingriffe in die freie Ausübung des Mandats durch Ordnungsmaßnahmen werden gestärkt durch die Wiedereinführung des Rügerechts des Abgeordneten bei ungenügender Beantwortung einer Mündlichen Anfrage durch die Landesregierung und Recht auf Weiterberatung der Antwort der Landesregierung im zuständigen Ausschuss (vgl. Nummer 13). Zukünftig werden die Stellungnahmerechte von Abgeordneten im Einspruchsverfahren erweitert (vgl. Nummer 1). Die Abgeordneten sollen auch durch mehr Öffentlichkeit im Einspruchsverfahren (Veröffentlichung der Unterlagen als Drucksache) vor politischer Instrumentalisierung geschützt werden. Eine Stärkung der Rechte des Abgeordneten stellt auch die Wiedereinführung der persönlichen Erklärung bei Personalentscheidungen/Wahlen dar. Gerade solche Entscheidungen stehen oft im Fokus der Öffentlichkeit und der Abgeordnete sollte seinen Wählern gegenüber auch im Plenum Rechenschaft zu seiner Entscheidung ablegen können (vgl. Nummer 4). Entsprechend ausgebaut werden auch die Anhörungsrechte und Informationsrechte der betroffenen Abgeordneten im Immunitätsverfahren (vgl. Nummer 15)


e) Ein Paradigmenwechsel, der auch mit der dazu notwendigen Verfassungsänderung mittels eines Gesetzentwurfs untersetzt wird, wird hinsichtlich der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen vorgenommen (vgl. Nummer 9). Die öffentliche Sitzung wird zur Regel. Damit nähert sich der Thüringer Landtag der seit Jahrzehnten in Bayern üblichen Parlamentspraxis deutlich an. Das Öffentlichkeitsprinzip wird darüber hinaus bei Anhörungen (vgl. Nummer 9), mit Blick auf die Beratungen von Enquetekommissionen (Nummer 11), der Ausweitung der Beratungsmöglichkeiten von Berichten des Rechungshofs und des Datenschutzbeauftragten (Nummer 5) sowie von Großen Anfragen und deren Beantwortung durch die Landesregierung (vgl. Nummer 11) erheblich ausgeweitet.


Eine entscheidende Stärkung der Transparenz findet vor allem durch die Einführung der Bürgerbeteiligung im Gesetzgebungsverfahren statt. Dazu wird ein Regelungsvorschlag von "Mehr Demokratie" Landesverband Thüringen in die Geschäftsordnung eingefügt (vgl. Nummer 15).

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