Atomausstieg beibehalten, keine Laufzeitverlängerung zulassen und Wende in der Energiepolitik einleiten

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1414 -

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1414 -


1. Der Thüringer Landtag fordert die Landesregierung auf, zu berichten,

- welche generelle Position sie im Bundesrat in Bezug auf den Atomausstieg bezieht,

- wie sie das Verhalten der Stromkonzerne und der Bundesregierung zu den diesbezüglichen Vorhaben bewertet,

- ob es Castortransporte auf dem Schienennetz in Thüringen gegeben hat oder ob solche in Planung sind,

- ob es Prüfungen Thüringer Bergwerksstollen als eventuell in Frage kommende atomare Endlagerstätten gab, gibt, geben wird oder in Planung sind.


2. Der Thüringer Landtag fordert die Landesregierung auf,

- im Bundesrat für den bedingungslosen und schnellst möglichen Ausstieg aus der Atomenergie zu votieren;

- die Beteiligung der Bundesländer bei den Entscheidungen zur Verlängerung der Kernkraftlaufzeiten auf Bundesebene zu fordern und diese Verlängerung abzulehnen;

- den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und damit die Einleitung einer Wende in der Energiepolitik zu befürworten;

- sich für die Rückführung der Energieübertragungsnetze an eine demokratischen Kontrollinstrumenten unterliegende Körperschaft oder andere Organisationsform des öffentlichen Rechts sowie die notwendigen Investitionen in bedarfsgerechte und konsequent auf die Nutzung regenerativer Energien verschriebenen Energieübertragungsnetzen als Voraussetzung für ein intelligentes Lastmanagement einzusetzen;

- sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass bei der Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen ein verbindliches Energieeinsparziel von zwei Prozent jährlich festgeschrieben wird.


Begründung:


Seit Monaten diskutiert die Bundesregierung über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, die Debatte über das energiepolitische Konzept der Bundesregierung geht in die entscheidende Runde. Es droht der Ausstieg aus dem Atomausstieg. Die Atomkonzerne möchten ihre alten Kraftwerke länger laufen lassen. Dem möchte die Bundeskanzlerin offensichtlich stattgeben.


Der Ausstieg aus der Atomkraft ist seit zehn Jahren im Gange. Was jetzt stattfindet, sind Nachhutgefechte. E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW versuchen, das Ende hinauszuschieben und so ca. 45 Milliarden Euro (eine Million Euro pro Tag und Kraftwerk) mehr zu verdienen.


Der Verzicht auf Atomenergie ist jedoch aus mehreren Gründen dringend notwendig. Sie ist eine extrem gefährliche, teure, veraltete und den Zukunftserfordernissen entgegenstehende Technologie. Atomkraft scheint heute nur deshalb preisgünstiger, weil gigantische Subventionen in der Vergangenheit (viele Atomkraftwerke wurden als Bundesforschungszentren gebaut) den tatsächlichen Aufwand verschleiern. Das Endlagerproblem ist nach wie vor nicht geklärt und wird mehr als tausend Generationen belasten - welch eine Verantwortungslosigkeit den Nachgeborenen gegenüber. Ganz abgesehen von den vorstehenden Problemen reichen die bekannten Uranvorräte nicht wie bisher angenommen für 40 Jahre, sondern nur noch für 20.


Während die Kosten der Atomkraft steigen, verläuft die Entwicklung bei den erneuerbaren Energien andersherum. Diese Energiequellen werden lukrativer statt teurer. Die Eigenschaft der Atomkraftwerke, dass sie Grundlastcharakter haben und damit unflexibel sind, bedingt, dass sie den Ausbau erneuerbarer Energien behindern.


Der Klimawandel, die Ressourcenknappheit und die Verantwortung für die Zukunft machen einen radikalen Wechsel notwendig. In der heutigen Zeit sind dazu in mehrfacher Hinsicht mit den erneuerbaren Energien komplett neue Möglichkeiten entstanden. Erneuerbare Energien sind ein Energiepotential, das man überall in unterschiedlicher Intensität von Region zu Region von der Natur angeboten bekommt und sie sind regional auf Dauer unbegrenzt verfügbar. Diese erneuerbaren Energiequellen ermöglichen die Rückkoppelung der Räume der Energienutzung und des Energieverbrauchs mit den Räumen der Energiegewinnung, d.h., die Energie kann konsequent dort erzeugt werden, wo sie gebraucht wird. Neben den neuen Möglichkeiten der Energieerzeugung existieren zahlreiche technische Neuerungen bei den Leitungssystemen (smart grids, Speichermöglichkeiten etc.).


Thüringen kann ein hervorragender Standort für diesen Paradigmenwechsel sein. Der vermeintliche Nachteil ist ein Vorteil, das Land importiert Strom, hat aber riesige, bislang ungenutzte Reserven bei erneuerbaren Energien. Thüringen ist geradezu prädestiniert, ein Musterland dezentraler Energieerzeugung und -verteilung aus einem Mix von regenerativen Energien zu werden. Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie - für alles gibt es gute Voraussetzungen. Zudem existieren ideale Möglichkeiten der Nutzung von altem und neuem, z. B. die künstlich geschaffenen Wasseradern der ehemaligen Hammerwerke oder Mühlen für Wasserkraft.

Alle Experten auf diesem Gebiet sagen, dass der radikale Wechsel im Energiebereich in relativ kurzer Zeit zu machen ist. Es bedarf lediglich des konsequenten politischen Willens, diese Wege zu beschreiten.

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