Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz in Thüringen ausbauen!

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/957 -

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/957 -


I. Die Landesregierung wird aufgefordert, Bericht zu erstatten, welchen Reformbedarf für den Themenbereich Unabhängigkeit bzw. Selbstverwaltung der Justiz sie für Thüringen sieht und dazu Stellung zu nehmen, wie sie mit diesem umgehen will.

Dabei sollte insbesondere auch auf folgende Gesichtspunkte eingegangen werden:

- dass die Organisationsstrukturen der Justiz in Deutschland nicht den geltenden internationalen, namentlich europäischen, Standards und der Praxis anderer Staaten für eine unabhängige und selbstverwaltete Justiz entsprechen

- dass das Thema in der justizpolitischen Debatte aktuell intensiv diskutiert wird (Stichwort: Deutscher Verwaltungsgerichtstag 4. bis 8. Mai 2010 in Freiburg)

- dass Berufsverbände wie Neue Richtervereinigung und Deutscher Richterbund Modellvorschläge und Gesetzentwürfe in die öffentliche Diskussion eingebracht haben

- dass andere Bundesländer schon dabei sind, Strukturen der Selbstverwaltung aufzubauen und zu erproben (Stichwort "Hamburger Modell")

- dass zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz auch Reformen in der Juristenausbildung notwendig sind, Mitbestimmungsrechte der Richter und Staatsanwälte gestärkt werden und Fragen der richterlichen Ethik und des richterlichen Berufsverständnisses Berücksichtigung finden müssen


II. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag bis zum 30. September 2010 Eckpunkte für ein Konzept über die notwendigen bzw. möglichen Schritte zum Ausbau der Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz in Thüringen vorzulegen, insbesondere mit Blick auf notwendigen gesetzlichen Novellierungsbedarf.


III. Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat und anderen Gremien (z.B. Fachministerkonferenzen) aktiv zu werden, um die auf Bundesebene notwendige Veränderung zur umfassenden Verwirklichung der Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz durchzusetzen (Stichwort Grundgesetzänderung für Selbstverwaltung der obersten Bundesgerichte).


Begründung:


Insbesondere Berufsverbände kritisieren seit Jahren die vor allem mit Blick auf europäische Standards problematischen Defizite der deutschen Justiz in Sachen Unabhängigkeit und Selbstverwaltung. Dabei geht dieses Thema nicht nur die innerhalb der Justiz Beschäftigten an. Auch Bürger sind als Rechtsuchende unmittelbar betroffen, wenn z.B. in Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren die unabhängige und sachorientierte Arbeit der Richter und Gerichte beeinträchtigt ist. Hier sind auch Versuche politischer Einflussnahme auf Ermittlungs- und Strafverfahren zu nennen, wie es in Thüringen in der Vergangenheit leider auch schon vorgekommen ist (Stichwort "Pilz-Verfahren"). Wichtig auch: die Selbstverwaltung der Justiz auch in Finanzfragen könnte zukünftig ein wichtiger "Schutzfaktor" für die soziale Funktion der Justiz zugunsten aller betroffenen Bürger und gegen neoliberale staatliche Spargelüste sein.

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