Berichterstattung über die Tätigkeit des Beauftragten der Thüringer Landesregierung für Menschen mit Behinderungen

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/6576

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/6576


Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, werte Kolleginnen und Kollegen, auch von meiner Seite zuerst Dank an Frau Ministerin für den Bericht und zweitens Genesungswünsche an Dr. Brockhausen


(Beifall DIE LINKE)


und dass er in den nächsten Tagen und Wochen uns und den Interessen der Menschen mit Behinderungen wieder mit voller Kraft zur Verfügung steht.


Werte Kolleginnen und Kollegen, der Bericht - das hat meine Kollegin in der Einbringung bereits erwähnt - hat viele bunte Bilder und hat natürlich auch eine Vielzahl von Hinweisen, Kritiken, Forderungen, die - und jetzt bin ich bei dem Punkt 1, den wir heute Morgen hatten - durch Politik nicht aufgenommen werden. Wer sich den Bericht beim Thema Ausblicke angeguckt hätte, hätte heute Morgen anders entscheiden müssen. Auf Seite 77 steht geschrieben: „Das ‚Budget für Arbeit’ muss auch in Thüringen schnellstens kommen, damit Betroffene mehr Optionen bei der beruflichen Entwicklung haben.“ Aber ich gehe mal davon aus, meine Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und SPD, bis zu Seite 77 im Bericht des Behindertenbeauftragten sind Sie nicht gekommen, sonst hätten Sie eine andere Entscheidung heute Morgen getroffen.


(Beifall DIE LINKE)


(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sehr schön!)


Ich habe einen politischen Anspruch und an der Stelle auch eine politische Vision, dass spätestens zur nächsten Legislatur hier vor diesem Pult oder hinter diesem Pult der oder die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen steht und den Bericht uns, den Abgeordneten des Landtags, vorstellen kann und auch agieren kann. An der Stelle ist meine Fraktion seit vielen, vielen Jahren ganz stringent.


(Beifall DIE LINKE)


Denn wir fordern, und das können Sie in Dokumenten nachlesen, bereits seit vielen Jahren eine Novelle des Gleichstellungsgesetzes, wo vor allem die Rechte des Behindertenbeauftragten dahin gehend gestärkt werden, dass er unabhängig ist, dass er Zugriff auf die einzelnen Ministerien hat, dass er hier ein Rederecht hat und dass er natürlich auch ein besseres Durchsetzungsvermögen hat. Und, Frau Taubert, hier möchte ich auf Sie eingehen, wir brauchen nicht nur einen Lobbyisten als Behindertenbeauftragten, sondern ich bin der Auffassung, wir brauchen einen Behindertenbeauftragten, der wirklich gute, sehr gute Befugnisse hat, um


(Beifall DIE LINKE)


(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Hat er doch.)


die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Behinderungen umzusetzen.



Vizepräsidentin Dr. Klaubert:


Frau Abgeordnete Stange, kleinen Moment mal, der Abgeordnete Grob möchte Ihnen gerne eine Frage stellen. Gestatten Sie das?



Abgeordnete Stange, DIE LINKE:


Natürlich.



Vizepräsidentin Dr. Klaubert:


Bitte, Herr Grob.



Abgeordneter Grob, CDU:


Frau Stange, vielen Dank. Ist es denn zweckmäßig, dass sich der Behindertenbeauftragte hinter dieses Pult stellt und dann die von Frau Schubert genannten Stundenzettel vorliest? So ist ja dieser Tätigkeitsbericht genannt worden.



Abgeordnete Stange, DIE LINKE:


Also Stundenzettel soll ein Behindertenbeauftragter nicht verlesen. Er soll hier stehen können, soll uns als Abgeordneten mit auf den Weg geben, wo es klemmt, wo wir uns politisch noch weiter engagieren müssen,


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wo die Landesregierung einfach Hilfe und Unterstützung braucht, wenn es nicht so richtig klappt in einer Koalition, das soll ein Behindertenbeauftragter hier von der Stelle machen und nicht Stundenzettel vorlesen. So habe ich auch meine Kollegin nicht verstanden.


(Beifall DIE LINKE)


Darum sage ich, wir brauchen nicht nur einen Lobbyisten, sondern wir brauchen einen Menschen, der hier steht, der sich engagiert für Menschen mit Behinderungen und der vor allen Dingen gute Befugnisse hat. Und das ist im Moment meiner Meinung nach nicht gegeben. Er ist im Sozialministerium angesiedelt, er kann sich mühen - und das tut er redlich -, aber er kommt auch an seine Grenzen, wenn unterschiedliche Ministerien nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, seine Vorschläge aufzunehmen. Die Kollegin Schubert von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ein Beispiel gesagt, das Thema der Nieder- bzw. der Hochflurbusse, was uns gleich zu Beginn der Legislatur sehr beschäftigt hat und was bis heute ungeklärt ist. Wir können in dem Bericht weitere Hinweise lesen, wo der Behindertenbeauftragte die Ministerien gebeten hat, Änderungen vorzunehmen, was einfach ignoriert wird. Ich glaube, das geht nicht. Da sind wir auch an dem Punkt, dass unser Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2005 ist. Es ist am 23. Dezember 2005 in Kraft getreten und meiner Meinung nach ist das nicht mehr auf der Höhe der gesetzlichen Ansprüche.


(Beifall DIE LINKE)


Darum braucht es unbedingt eine Novellierung. Zwischenzeitlich, das haben wir hier heute auch schon ganz oft gehört, ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten und die spielt in diesem Gleichstellungsgesetz keine Rolle. Darum haben wir als Fraktion in diesem Jahr bereits einen Gleichstellungsgesetzentwurf vorgelegt, wo genau berücksichtigt wurde, dass die neuen gesetzlichen Vorgaben auch eingehalten werden und eingetragen worden sind. Darum kommen wir nicht weiter in der Diskussion um unseren Antrag, weil ein Gleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2005 heute nicht mehr modern ist, Frau Taubert. In einer Kleinen Anfrage haben Sie mir einmal bestätigt, dass im Oktober dieses Jahres das Gleichstellungsgesetz den ersten Kabinettsdurchgang machen soll - im Oktober. Wir haben noch zwei Wochen im Oktober, aber ich sehe keinen Kabinettsdurchgang des Gleichstellungsgesetzes im Oktober. Das ist doch die Crux, das ist auch noch einmal meine Kritik im Moment an Ihrem Ministerium, dass an der Stelle nicht mehr konstruktiv und intensiv gearbeitet wird. Ich würde da einfach ein bisschen mehr Schwung reinbringen.


Lassen Sie mich auch noch einmal eine Kritik mit aufgreifen, das ist die Kritik des Maßnahmeplans. Der Maßnahmeplan ist im Mai 2012 verabschiedet worden. Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, dass Sie erst die Kraft auf den Maßnahmeplan gelegt haben und sich dann an das Gleichstellungsgesetz machen wollten. Aber da sind auch anderthalb Jahre ins Land gegangen und wir sehen keine Ergebnisse. Also lassen Sie sich nicht vielleicht von Kolleginnen und Kollegen in Ihrem Hause oder in anderen Häusern bremsen, sondern legen Sie eine Schippe zu, eine Kohle auf, damit wir in dieser Legislatur noch ein gutes Gleichstellungsgesetz mit guten Forderungen verabschieden können. Das Thema Maßnahmeplan will ich wirklich noch mal auf einer anderen Seite beleuchten. Der Behindertenbeauftragte hat uns in das Stammbuch geschrieben, dass es zwar über 280 einzelne Aufgaben gibt, aber sie werden nicht zeitlich ganz konkret untersetzt.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist das erste. Das zweite ist, die finanzielle Untersetzung der Maßnahmen fehlt auch. Da hat die Landesregierung in den zurückliegenden Jahren bei der Haushaltsberatung auch immer zwei Augen zugedrückt und dachte, vielleicht geht es ohne Geld, aber an der Stelle ist auch zu sagen: Ohne Geld werden wir eine wirkliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im Lande Thüringen nicht umsetzen können und da muss auch nachgesteuert werden.


Werte Kolleginnen und Kollegen, Ihre Kritik an unserem Antrag, kann man dahingehend beenden oder heilen, indem man unseren Antrag erstens an den Ausschuss überweist, weil man dann einfach noch mal Vorstellungen Ihrerseits artikulieren und Änderungsanträge einbringen kann. Aber zweitens kann man natürlich auch in einer Ausschussberatung die Inhalte, die in dem Bericht des Landesbeauftragten formuliert worden sind, noch mal ausführlich diskutieren. An der Stelle bin ich mir eigentlich sehr sicher, dass unser Antrag mit dem Bericht an den Ausschuss überwiesen wird, denn anlässlich der öffentlichen Übergabe des Berichts zu der Pressekonferenz am 28. August dieses Jahres hat sowohl die Ministerpräsidentin als auch die Sozialministerin sowie auch Frau Diezel als Präsidentin des Thüringer Landtags ausdrücklich immer wieder betont, dass dieser Bericht in den Ausschüssen beredet werden soll und darum bin ich ganz optimistisch, dass die Worte der drei Frauen vom 28. August dieses Jahres heute immer noch gelten und dass somit der Bericht an den Ausschuss überwiesen wird. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dateien