„Budget für Arbeit“ für Menschen mit Behinderung

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/6574

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/6574


Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Arbeitsverweigerung Nummer 2 ist das in meinen Augen, was die


(Beifall DIE LINKE)


(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wieso nur „zwei“?)


Koalition gerade hier vorbringt, ich habe das gerade heute schon im Ausschuss erlebt, sich mit Fragen der Oppositionsfraktionen inhaltlich auseinanderzusetzen, nun zum zweiten Mal, indem wir einen Antrag vorlegen, wo es um das „Budget für Arbeit“ geht.


(Unruhe CDU)


Herr Grob, ich habe eigentlich von Ihnen kein Argument gehört, warum unser Antrag nicht geht,


(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das stimmt.)


außer, Sie haben keine Lust, keine Intention, sich weiterbilden zu lassen, auch in einer Ausschussberatung, wo man genau diese Inhalte hätte noch einmal bereden können, wenn Sie gewollt hätten. Und, Frau Künast, abwarten, auf das, was in Berlin passiert, das hat uns in den letzten zehn Jahren gezeigt, das bringt uns nicht wirklich weiter. Denn die Novelle zur Eingliederungshilfe ist seit zehn Jahren in der Diskussion. Ich sehe im Moment noch nicht wirklich ein neues Gesetz, auch wenn es dringend notwendig wäre.

Meine Kolleginnen und Kollegen, was unterscheidet die Länder Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Baden-Württemberg oder den Stadtstaat Hamburg von Thüringen? Ja was? Nicht nur die Farben der Regierung, sondern auch, wie sie, diese Länder, sich natürlich zu dem „Budget für Arbeit“ verhalten. Und es ist nicht nur Rheinland-Pfalz, die seit 2006 das „Budget für Arbeit“ auf den Weg gebracht haben, sondern es sind auch, wie ich bereits erwähnt habe, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg. Das „Budget für Arbeit“ ist, so denken wir - und das ist nicht eine Erfindung von meiner Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, sondern es ist eine Erfindung von Akteuren - in dem Arbeitsmarkt eine echt gute Chance, Menschen mit Behinderungen, die richtig fit sind, auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.


(Beifall DIE LINKE)


Hier hätten wir die Möglichkeit, auch in Thüringen endlich dieses Modellprojekt auf den Weg zu bringen, wenn eine Landesregierung dieses ernst nehmen würde.


Wir haben in der 4. Legislatur, und Frau Künast hat es bereits angedeutet, einen Antrag von Ihnen gehabt, von der SPD-Fraktion, da ist uns erklärt worden, die rechtliche Lage funktioniert nicht. Das hat sich aber mittlerweile geändert, die Thematiken zur Rentenproblematik. Und das zeigen uns auch die anderen Bundesländer. Heute erzählen Sie uns, wir müssen warten, warten auf das, was in Berlin passiert, ich glaube, da stehen wir in fünf Jahren immer noch hier und sagen, es ist nichts passiert durch eine große Koalition von CDU und SPD, also müssen wir als Landespolitikerinnen und -politiker Antworten geben und endlich mutig sein, auch neue Wege zu gehen. Und die Zahlen, Herr Grob, sprechen schon für sich. Es geht hier nicht um die allgemeine Arbeitsmarktpolitik und die Zahlen der Arbeitssuchenden, sondern es geht hier, in unserem Antrag, vor allem um die Personen, die behindert sind. So ist es für uns nicht verständlich, wenn die allgemeine Arbeitslosigkeit zwar zurückgeht, aber das bei Menschen mit Behinderungen nicht wirklich nachvollziehbar ist. Denn Menschen mir Behinderungen haben in den letzten Jahren immer einen hohen Stand an Arbeitslosigkeit gehabt. 6.472 Personen waren und sind arbeitslos im Moment, und das in den unterschiedlichsten Rechtskreisen, entweder im SGB II oder III, da sind es im SGB III 2.525 Personen und im SGB II 3.994. Also eine hohe Anzahl der Arbeit suchenden Menschen mit Behinderungen auf der einen Seite und auf der anderen Seite steigt die Anzahl der Menschen mit Behinderungen, die in den Werkstätten arbeiten. Sie hat sich kontinuierlich in den letzten 12 Jahren nach oben entwickelt. Waren es 2007 noch 9.289, waren es im Jahr 2012 über 10.091 Plätze, die zur Verfügung gestanden haben. Das sagt doch auch was aus. In den Werkstätten gibt es eine große Anzahl von Personen, die die Möglichkeit haben und hätten hinauszugehen auf den ersten Arbeitsmarkt, wenn es eine Unterstützung gäbe durch ein „Budget für Arbeit“. Hier will ich nur noch einmal an ein kurzes Gespräch erinnern, das viele Kolleginnen und Kollegen miterleben durften. Vor der Sommerpause machte der Landesverband der Lebenshilfe ein parlamentarisches Frühstück hier im Haus. Sie bestätigen es als Vorsitzende. Zu dem Zeitpunkt war ich sehr überrascht, dass von Betroffenen, die bei der Lebenshilfe arbeiten, die dort eine Chance bekommen, sich auch weiterzuentwickeln, in den Diskussionen angemahnt worden ist, ein „Budget für Arbeit“ einzuführen.


(Beifall DIE LINKE)


Das hat mich ermutigt, auch in meiner Fraktion noch mal dafür zu plädieren, diesen Antrag heute auf den Weg zu bringen. Wenn schon Betroffene sagen, wir brauchen das „Budget für Arbeit“, um die Möglichkeit zu haben, aus den Werkstätten herauszugehen, die Möglichkeit zu haben, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Betrieben aufzunehmen, dann sollten wir es hier in Thüringen auch mit viel Vehemenz und mit viel Kreativität auf den Weg bringen und nicht auf Sankt Nimmerlein verschieben


(Beifall DIE LINKE)


und darauf warten, dass in Berlin irgendeine, nur irgendeine Änderung eintritt. Darum also auch der Antrag. An der Stelle danke ich der Lebenshilfe ausdrücklich dafür, dass sie uns, mich und meine Fraktion ermuntert haben, diesen Antrag heute noch einmal zu formulieren. Ich bin gespannt auf die Argumente, die uns eine Ministerin heute vorzeigen wird, warum es alles nicht funktioniert. Ich sage, Frau Taubert, ich habe im Moment den Eindruck, dass beim Thema Behindertenarbeit, Behindertenhilfe, Umsetzung der UN-Konvention ein wenig auf die Bremse getreten wird, Ihrerseits, Ihres Ministeriums, weil ich - wir kommen zu einem späteren Zeitpunkt noch mal darauf zu sprechen - keine neuen Akzente, keine neuen Ideen aus Ihrem Haus im Moment erlebe. Aber Sie werden sich sicher dazu noch einmal verhalten.


Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe vorhin von den anderen Bundesländern gesprochen, die diesen Schritt zum „Budget für Arbeit“ bereits vorgegangen sind. Ich will ein kleines Zitat von dem Senator für Arbeit, Soziales und Familie und Integration in Hamburg bringen, der sagte: „Wir bitten die Hamburger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber um aktive Unterstützung für unser Modellprogramm ‚Hamburger Budget für Arbeit’, das im Interesse der Menschen mit Behinderungen im Jahr 2012 bis 2014 erstmalig aufgelegt wird.“ Solche Worte, solche konkreten Worte würde ich mir gern von unserer Sozialministerin Frau Taubert auch wünschen.


Ich will noch ein Beispiel von Niedersachsen bringen, da sagte die damalige Sozialministerin, die ein wunderbares Faltblatt auf den Weg gebracht hat, wo das „Budget für Arbeit“ auch noch einmal erklärt wurde: „Wir wollen in Niedersachsen mit dem ‚Budget für Arbeit’ gemeinsam die Chance für Menschen mit Behinderungen auf die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern. Das ‚Budget für Arbeit’ ist eine Chance.“ Auch der Behindertenbeauftragte aus Niedersachsen, Karl Fink, sagte: „Es geht uns um Teilhabe am Erwerbsleben, es geht darum, Unterhalt selbst zu erarbeiten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.“ Ein letztes Zitat aus diesem Bundesland will ich gern hinzufügen, das da lautet: „Das ‚Budget für Arbeit’ ist wie das persönliche Budget, also eine Abkehr vom alten Denken hin zu neuem Denken zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.“ Diesen Worten kann man eigentlich nichts mehr hinzusetzen. Ich will noch einmal darum werben, unseren Antrag an den Ausschuss zu überweisen, damit wir dort gemeinsam noch einmal über Umsetzungsideen reden können und damit wir auch Herrn Grob vielleicht noch einmal ein paar neue Informationen mitgeben können, warum es in anderen Bundesländer funktioniert und man nicht auf Gesetzgebung auf den Bund warten muss, sondern auch in Thüringen die Möglichkeit hätte. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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