Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1828 -

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1828 -


Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Anwesende auf der Tribüne! Wir haben es heute - die Frau Ministerin hat es bereits lang erwähnt - mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen zu tun. Wenn man dieses hört und liest, so denkt man - Außenstehende werden das sicher tun -, es geht wirklich um ein Erstes Gesetz zur inhaltlichen Novellierung dieses Thüringer Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen, aber weit gefehlt, es geht nur um die Endfristung. Ja, Frau Ministerin, wir haben bereits an dieser Stelle vor gut einem Jahr darauf hingewiesen, dass das jetzige Thüringer Gleichstellungsgesetz Ende Januar 2011 ausläuft und dass wir nur noch wenig Zeit haben, um eine wirkliche Novellierung auch im Sinne der UN-Konvention und der Thüringer Verfassung vorzunehmen. Aber - und ich habe es mir fast gedacht - bis heute ist nichts geschehen. Der Verweis auf die Arbeitsgruppen, die tagen und die sicher auch sehr intensiv tagen, ist mir an der Stelle einfach zu wenig. Das, was Sie heute vorlegen, ist für mich ein - so will ich es einmal nennen - behindertenpolitisches Armutszeugnis. Ich habe mir die Mühe gemacht, Frau Ministerin, und mir bei allen neun Arbeitsgruppen, die von Ihnen einberufen worden sind, die auf den unterschiedlichsten Ebenen tagen, angeschaut, was sie beredet haben. Es gab nur eine Arbeitsgruppe, und zwar die, die von Dr. Brockhausen geführt wird, die sich inhaltlich wirklich mit einer Novelle des Thüringer Gleichstellungsgesetzes befasst hat. Alle anderen haben dieses Thema überhaupt nicht angefangen. So denke ich - mit Verlaub gesagt -, will man uns hier ein X als U vormachen. Die Arbeitsgruppen sollen eigentlich herhalten, weil es im Moment noch keine inhaltliche Novellierung gibt. Wie gesagt, es ist für mich ein behindertenpolitisches Armutszeugnis. Ich hätte mir schon gewünscht, dass man sich als Landesregierung auf den Weg macht, um wirkliche Inhalte an dem Gesetz zu novellieren. Wir haben bereits vor fünf Jahren, wo es auf den Weg gebracht worden ist, feststellen können - auch Ihre Fraktion, Frau Ministerin, hat das immer und immer wieder gesagt -, es ist ein schlechter Gesetzentwurf, der wenig regelt. Es sind viele Punkte, die eigentlich hätten entschieden besser geregelt werden können. Umso enttäuschter bin ich, dass wir heute hier nur eine Entfristung vorgelegt bekommen.


(Beifall DIE LINKE)


180.000 Thüringerinnen und Thüringer hätten es verdient, Inhalte zu sehen von einer Landesregierung, die - so geben sie immer zu und an - sich natürlich auch für Menschen mit Behinderungen einsetzen möge. Wir haben in unserem Entschließungsantrag darauf hingewiesen, welche Inhalte unbedingt in einem Gesetz neu geregelt werden müssen. Da sind wir bei den Nachteilsausgleichen. Heute Morgen haben hier vor dem Landtag über 100 gehörlose Menschen gestanden und genau darauf hingewiesen, dass es nicht nur reicht, Gebärdendolmetscher, die im freien, also im privaten Bereich jetzt zwar finanziert werden, zu finanzieren. Sie brauchen weitere Nachteilsausgleiche, um ihre Nachteile, die sie haben, in Form von Weckern, etc. auch finanzieren zu können. Wir brauchen ein Verbandsklagerecht für Menschen mit Behinderungen, damit sie endlich nicht als Einzelkämpfer diese Tippeltappelwege über die Institutionen gehen müssen, um ihre Rechte einzufordern.


(Beifall DIE LINKE)


Das war eine Forderung von Ihnen als SPD, auch eine Verbandsklage einzureichen. Wir brauchen verbesserte Rechte des Landesbehindertenbeauftragten. Das war auch eine Forderung von der SPD-Fraktion. Wir brauchen auch eine verbesserte Ausstattung der kommunalen Behindertenbeauftragten. Das steht alles noch im Raum. Ich denke, das sind Punkte, die hätten Sie als Landesregierung uns auch jetzt schon vorlegen können in einer wirklichen, echten Novelle eines Behindertengesetzes und nicht nur in einer Entfristung.

Lassen Sie mich darum noch einmal auf unseren Entschließungsantrag eingehen. Wir haben gesagt, es braucht wirklich die inhaltliche Diskussion. Wir fordern Sie mit unserem Entschließungsantrag auf, bis zum 30.06. dem Landtag etwas vorzulegen, damit der Landtag als Souverän noch im Jahr 2011 eine echte Novelle eines Thüringer Gleichstellungsgesetzes auf den Weg bringen kann, die weiß Gott vonnöten ist.

Frau Ministerin und die anwesenden Minister und Staatssekretäre, ich kann nur sagen, ich denke, auch die Landesregierung in Gänze und ihre Mitarbeiter und Angestellten brauchen auf dem Gebiet der Behindertenpolitik Nachhilfe. In den letzten Monaten sind Beschlüsse und Empfehlungen durch Sie getroffen worden, die - so sage ich ganz eindeutig - nichts mit Barrierefreiheit zu tun haben. Ich will nur erinnern an das Thema barrierefreier Internetauftritt, der ist bis heute noch nicht realisiert. Ich will daran erinnern, wie die Ministerpräsidentin sich zu dem Rundfunkstaatsvertrag und dessen Änderungen bekannt hat, wo Nachteilsausgleiche für Gehörlose und Blinde einfach gestrichen werden, wo die bisherigen freien Zugänge zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfach reduziert werden. Ich will nur daran erinnern, dass Barrierefreiheit selbst vor dem Landtagsgebäude, vor der Landtagsverwaltung anfängt - die Rampe ist einfach nicht mehr da, Menschen mit Behinderungen kommen dort nicht hinein. Sie müssen ihr Wägelchen oder ihren Rolli die Treppen hoch tragen. Schauen Sie es sich an. Ich habe es mir heute früh genau angeschaut. Es gibt einfach noch viele Punkte, die zu tun sind. Ich fordere Sie im Namen meiner Fraktion auf, dem Entschließungsantrag hier zuzustimmen, damit wir im Jahr 2011 ein wirkliches Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen hier in Thüringen haben, das dessen Namen auch gerecht wird.


Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)



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