Generellen Ausschluss homosexueller Männer von der Möglichkeit zur Blutspende aufheben sowie Abbau sonstiger gruppenbezogener Diskriminierung in Bezug auf die Blutspende-Regelungen 2/2

Zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 5/5838

Zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 5/5838


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich als glühende Verfechterin für Gleichstellungspolitik, die seit vier Jahren in dem Gleichstellungsausschuss sitzt, hätte mir wirklich in den zurückliegenden Jahren solche intensiven Diskussionen gewünscht,


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wie wir sie heute hier zum Thema Blut oder, anders formuliert, „Generellen Ausschluss homosexueller Männer von der Möglichkeit zur Blutspende aufheben sowie Abbau sonstiger gruppenbezogener Diskriminierung in Bezug auf die Blutspende-Regelungen“ heute noch mal zusammenfassen. Also wirklich, das war eine sehr gute Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen in dem Gleichstellungsausschuss. Und bekanntlich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, stirbt die Hoffnung ja zum Schluss. Somit habe ich Hoffnung, dass in den verbleibenden neun Monaten wir uns auch noch intensiv um andere Themen der Gleichstellung im Ausschuss unterhalten können, dass wir weitere Anhörungen durchführen können, die uns zu guten Erkenntnissen führen.


(Beifall DIE LINKE)


Dr. Hartung, lassen Sie mich eine Anmerkung machen. Ich fand es nicht gut - und das will ich auch an der Stelle sehr sehr deutlich sagen -, dass Sie gemeint haben, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben diesen Antrag nur gestellt, um die Erwartung eines bestimmten Klientels zu erfüllen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein, ich glaube und ich weiß, es geht in dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN um den Abbau von Diskriminierung auf der einen Seite,


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


aber auch auf der anderen Seite um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.


(Beifall DIE LINKE)


Und das, werte Kolleginnen und Kollegen muss an der Stelle auch noch mal deutlich formuliert werden.


(Beifall DIE LINKE)


Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es bereits erwähnt, wir als Ausschuss haben uns sehr intensiv mit der Thematik der Blutspende von Homosexuellen auseinandergesetzt. Wir haben es uns auch nicht leicht gemacht, ob denn nun die Abschaffung auf der einen Seite die Abschaffung eines Diskriminierungstatbestandes darstellt oder ob die Sicherheit der Patientinnen und Patienten das Wichtigere ist. Ich denke - und das ist auch in meiner Fraktion ganz deutlich zum Ausdruck gekommen -, dass es wichtig ist, dass es keine Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger geben darf. Das haben auch alle hier noch einmal in ihren Reden verdeutlicht.


Aber von dieser gemeinsamen Grundüberzeugung ausgehend, stellt sich doch die Frage, wann die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit aufhören und wo die Diskriminierung anfängt. Geht es immer darum, wer zu welchem Zeitpunkt Blut spenden darf und wie gewährleistet werden kann, dass mit diesem gespendeten Blut, mit dem die Gesundheit von Menschen wiederhergestellt oder sogar ihr Leben gerettet werden soll oder dass keine Krankheiten übertragen werden, schon gar nicht durch die HIV-Infektion. Bislang wurde aus dem erhöhten Risiko homosexueller Männer, die an Aids erkrankten, der Schluss gezogen, dass sie zwar zu einer Gruppe gehören, die grundsätzlich auszuschließen ist, aber gleichzeitig ist immer davon ausgegangen worden, dass sie eine erhöhte Ansteckungsgefahr in sich bürgen. Deswegen wurden sie also von der Blutspende ausgeschlossen. Im Umkehrschluss heißt das natürlich, ihnen wird unterstellt, jeder schwule Mann hat regelmäßig ungeschützten Sex, mit welchem Partner auch immer. Diese Annahme, werte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur diskriminierend, sie ist meiner Meinung nach haltlos.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt zahlreiche Schwule, die seit Jahren und Jahrzehnten in einer festen Partnerschaft leben, Schwule, die kein aktives Sexleben haben oder solche, die sich mit ihrem Partner bei jedem sexuellen Kontakt gemeinsam schützen. All diese Männer sind kein größerer Risikoträger als heterosexuelle Frauen oder Männer, die sich in ähnlichen Lebenslagen bei gleichem Sexualverhalten auch anstecken können. Über diese Personen, werte Kolleginnen und Kollegen, haben wir in den zurückliegenden Diskussionsmonaten nicht so sehr intensiv gesprochen. Also sind wir doch schon bei dem Kern des Problems. Nicht entscheidend ist unserer Meinung nach, welche sexuelle Orientierung jemand hat, sondern wie er sich verhält. Deswegen fordert der Lesben- und Schwulenverband, dass überprüft werden soll, ob der bisher unterschiedlich formulierte Ausschluss von Hetero- und Homosexuellen durch einen generellen Ausschluss aller Personen ersetzt werden kann, die einen ungeschützten Sexualverkehr mit wechselnden Personen haben. Das wäre doch noch einmal ein richtiger Ansatz.


Um dennoch sicher zu sein, dass das gespendete Blut keine Krankheitserreger enthält, gilt es, das diagnostische Fenster auszunutzen, also die Zeitspanne, in der mit einer modernen Untersuchungsmethode die entscheidenden Krankheiten wie HIV, Hepatitis oder der West-Nil-Virus nachgewiesen werden können. Hierfür müssen die Personen, die Blut spenden wollen, mitteilen, wenn sie das letzte Mal ungeschützten Sex hatten. Das gilt also nicht nur für homo- oder bisexuelle Männer, sondern für alle, die zur Blutspende kommen. Hier stellt sich nun die Frage, ob es dafür einen umfangreichen Fragekatalog braucht und ob es dem Blutspendeinstitut oder dem Blutspendedienst oder auch den Spendern gewissermaßen zumutbar ist, dass sie bis ins kleinste Detail ihr Sexualleben durchleuchten lassen müssen. Ich denke an der Stelle nein, es ist nicht zumutbar. Meines Erachtens ist das nicht notwendig. Wenn die Zeitspanne des diagnostischen Fensters zum Beispiel bei vier Monaten läge, wie im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formuliert, müsste also doch nur die Frage gestellt werden, ob der letzte ungeschützte Sexualkontakt innerhalb der letzten vier Monate gelegen hat. Wird das mit Ja angekreuzt, wird die Person also gebeten, erst nach Ablauf der vier Monate wiederzukommen. Bei einem Nein wäre das Problem unserer Meinung nach gelöst. Werte Kolleginnen und Kollegen, jetzt könnte natürlich eingewandt werden - und das ist auch im Ausschuss immer angedeutet worden -, dass die Befragten möglicherweise ja nicht die Wahrheit sagen würden. Aber das trifft alle Menschen. Wer im Bordell war, einen Urlaub in einem Land mit dem West-Nil-Virus gemacht hat oder als Heterosexueller zu den Risikogruppen gehört, kann ebenso die Unwahrheit sagen wie ein homosexueller Mann, das wissen wir doch alle. Dieses Restrisiko gibt es also immer. Aber da in diesem Land nicht wirklich unzählige Menschen durch Blutkonserven mit lebensgefährlichen Krankheiten angesteckt worden sind, sollten wir doch nach Aussage auch von Professor Groll, der es im Ausschuss noch einmal bestätigt hat, dass ganz viele der Spenderinnen und Spender, die kommen, sehr verantwortungsbewusst sind, sollten wir also uns auf diese Aussagen beziehen und diese Vier-Monate-Regelung auf den Weg bringen. Wir wissen, hier im Landtag können wir es nicht gemeinsam, aber wir können die Landesregierung bitten, das zu tun und sich in den entsprechenden Gremien einzusetzen, wie das bereits erwähnt worden ist. Die Anzuhörenden haben auch erwähnt, das will ich an der Stelle noch einmal sagen, dass sie auf Nachfragen: Haben Sie in den letzten Monaten etwa einen Auslandsbesuch in Ländern gehabt, wo eine Blutspende danach nicht in Frage kam? Oder haben Sie eine Tätowierung vornehmen lassen? Da haben die Betroffenen immer, so wurde uns mitgeteilt, ausführlich geantwortet, wenn das passiert ist. Also gehen wir doch mal davon aus, dass eine große Mehrzahl der Spenderinnen und Spender ganz bewusst damit umgeht und natürlich nicht beabsichtigt, aufgrund der Blutspende andere Menschen anzustecken.


Darum bin ich ganz ganz fest der Auffassung, dass der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - den würde ich jetzt auch gern noch vorlesen, damit auch jeder weiß, was in dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht - der richtige Antrag ist, den wir heute hier auch beantragen können. An der Stelle, werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, hätte ich mir auch gewünscht, dass Ihr Angebot in dem vorletzten Gleichstellungsausschuss, einen Änderungsantrag in den Ausschuss zu bringen, Wirklichkeit geworden wäre. Dann hätten wir als Ausschussmitglieder die Möglichkeit gehabt, um einen gemeinsamen Antrag zu ringen, damit das Diskriminierungsverbot wirklich umgesetzt wird.


In dem Sinne stimmt meine Fraktion dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu und wird den Antrag von der SPD- und der CDU-Fraktion mit Enthaltung würdigen. Danke schön.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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