Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Vorschriften

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 5/3479

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 5/3479

 

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordneten, werte BesucherInnen auf der Tribüne, wie wir bereits gehört haben, geht es um einen Gesetzentwurf der Landesregierung mit einem sperrigen Titel. Es geht um die Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des SGB XII sowie weiterer Vorschriften. Beim ersten Lesen oder Hören werden Sie vielleicht denken: „Das ist ein Gesetzentwurf, der vielleicht gar keine Brisanz innehat, aber er hat sie wohl inne, diese Brisanz. Meine Vorredner haben es bereits erwähnt und ich will es auch noch mal für die Fraktion DIE LINKE ganz deutlich machen. Denn die Brisanz besteht darin, dass es erstens um Finanzströme geht, die seitens des Landes hin zu den Kommunen, also zu den örtlichen Trägern der Sozialhilfe gerichtet sind. Aber es geht natürlich auch, und das ist mir ganz wichtig, um Rechtsansprüche von Menschen mit und ohne Behinderungen in ambulanten und stationären Einrichtungen. Das ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Gesetzentwurfs. Es geht also um die Eingliederungshilfe. Die Ministerin hat bereits in ihrer Einbringung des Gesetzentwurfs erwähnt, um wie viel Millionen Euro es geht.


Ich kann mich sehr wohl, Frau Ministerin, an die Diskussionen im Jahr 2003 erinnern und vielleicht können das auch noch die Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten der CDU-Fraktion, die damals hier im Landtag alleinige Verantwortung getragen haben. Denn bereits wie dieser Gesetzentwurf war es noch das Ausführungsgesetz zum BSHG, welches hier von diesem Pulte aus in den Landtag eingebracht wurde, formierte sich erheblicher Widerstand, nicht nur seitens der LIGA und der Parität, der kommunalen Spitzenverbände, sondern auch der örtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der unterschiedlichsten Träger der Behindertenarbeit. Bereits damals ist uns, den Abgeordneten, in vielen Anhörungen eindeutig klargemacht worden, dass der § 6, wo die komplizierten Finanzierungsmechanismen geregelt worden sind, einfach nicht handhabbar ist. Es ist verwunderlich, dass wir nun fast sieben Jahre gebraucht haben, dass nun endlich eine Klarstellung erfolgt. An der Stelle sage ich: Ja, Frau Ministerin, wir sind bei Ihnen und es wird Zeit, dass diese Klarstellung kommt. Ich hatte 2003 bereits den Eindruck, dass die Akteure, die diesen Gesetzentwurf wohlweislich abgeschrieben haben aus einem anderen Bundesland, schon damals nicht wussten, wie wirklich die Berechnung der Finanzströme erfolgen sollte. Es war jedenfalls unglaublich schwer nachzuvollziehen. Bereits mit der Vorstellung des Gutachtens im Jahr 2007 zur Praktikabilität des Gesetzes, ob der geplante Ausgleich der Ausgaben unter den 23 Landkreisen und kreisfreien Städten greift, hätte eine Neufassung des Gesetzes nach meiner Meinung erfolgen müssen. Heute liegt er vor und ich denke, wir werden in den Ausschüssen in einer öffentlichen Anhörung auch noch mal darüber reden müssen.


Frau Ministerin, was mir und meiner Fraktion diesbezüglich sehr wichtig ist, dass das, was Sie bereits gesagt haben, dass jetzt der ambulante Teil noch einmal viel intensiver gestärkt werden muss, auch wirklich passiert. Es sollte nicht zu einem Papiertiger verkommen, indem man es nur einmal genannt hat, sondern es muss wirklich die ambulante Hilfe - weiß Gott - mehr im Mittelpunkt stehen. Da sage ich auch, ja, wir brauchen eine viel intensivere personenzentrierte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen und wir brauchen endlich auch den Schritt zur Schaffung von Beschäftigungsalternativen für Menschen mit Behinderungen außerhalb von Werkstätten. Ich habe es sehr gern gelesen und ich möchte, dass wir dies auch in den kommenden Monaten und Jahren zur Realität werden lassen, dass die Werkstatt nur noch der Einzelfall ist und dass wir Beschäftigungsalternativen außerhalb brauchen.


Wir haben also einen Gesetzentwurf, der, soweit ich ihn heute überblicken kann, die Zustimmung meiner Fraktion finden könnte, wenn wir in dem Ausschuss auch noch ein paar Fragen geklärt haben, die da heißen: Warum ist denn das Modellprojekt, was in dem Gesetzentwurf beschrieben ist, gescheitert? Wir müssen einfach darüber reden. Wir müssen darüber reden, warum die Evaluierungsklausel aus dem Gesetz genommen wurde. Wollen wir nicht auch noch mal schauen, dass nach ein paar Jahren die heutige Regelung die praktikablere ist? Wollen wir nicht auch schauen, ob das, was dann in dem Gesetz verabschiedet wird, auch in der Praxis Bestand hat? Ich denke, wir müssen uns auch noch mal darüber vergewissern, ob der § 72 im SGB XII, also die Blindenhilfe, ob das, was jetzt so gewollt ist, auch wirklich in der Realität umsetzbar ist. Ich möchte, dass die Ansprüche von Menschen mit Sehbehinderung oder blinde Menschen auch wirklich in der Realität finanziert werden und dass sie sie nicht erst einklagen müssen, falls die Kommunen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt haben.

Sie sehen, wir haben ein paar Fragen, die wollen wir sehr gern mit Ihnen gemeinsam in einer öffentlichen Ausschuss-Sitzung und einer öffentlichen Anhörung diskutieren, vor allem im Interesse der Menschen mit und ohne Behinderungen. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)


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