Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen – Verbesserung der Barrierefreiheit und Stärkung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen

Karola Stange

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 7/1192

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 7/1192

 

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer am Livestream! Lieber Joachim Leibiger – der jetzt nicht mehr hier oben auf der Tribüne sitzt, aber sicher an seinem Arbeitsplatz und unserer Debatte lauscht –, als Erstes bedanke ich mich im Namen der Fraktion Die Linke für den Arbeitsentwurf, den er den Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion zur Änderung des Gesetzentwurfs – der heute hier vorliegt – zugesandt hat. Es ist gut und richtig, dass er uns an der Stelle immer wieder sensibilisiert und auffordert, an dem Gesetz, das zum 30.07.2019 in Kraft getreten ist, zu arbeiten.

 

Ich möchte ganz gerne noch mal auf zwei Dinge eingehen. Das Gesetz, welches wir heute zur Diskussion haben, hat eine sehr, sehr lange Geschichte. Frau Meißner hat versucht, es zu erklären. Natürlich, wo die CDU in politischer Verantwortung war, hat es nicht geklappt mit der Novelle zum damaligen Gesetz. Wir haben erst kurz vor Ende der letzten Legislatur ein ordentliches Gesetz vorlegen können. „Ordentliches Gesetz“ heißt, es war ordentlich, weil der Koalition von Rot-Rot-Grün und der Landesregierung Transparenz, Mitwirkung, Mitsprache der Behinderten sehr, sehr wichtig waren. Es gab unzählige Anhörungen, es gab unzählige Bitten und Aufforderungen, und es gab – ich weiß nicht wie viele – verschiedene Entwürfe bis zu dem Tag, wo sie den Thüringer Landtag erreicht haben. Das zeichnet die Koalition und auch Die Linke ganz besonders aus. Wir arbeiten unter dem Motto „Nichts über uns ohne uns“, was die behinderten Menschen immer wieder fordern, denn nur so können wir Transparenz wirklich umsetzen. Nur so können wir gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen das Thema hier in den Landtag bringen.

Die Diskussion und die Themen, die heute hier im Landtag auf der Tagesordnung stehen, werte Kolleginnen und Kollegen, haben uns schon in der Koalition in den letzten Monaten vor Ende der letzten Koalition nicht nur geeint. Das gehört dazu, sonst hätte Frau Meißner heute an der Stelle sicher nicht mit viel Freude diesen Gesetzentwurf eingebracht. Das Thema „Landesstelle für Barrierefreiheit“ hätte ich schon ganz gern im Gesetzentwurf vor einem Jahr gehabt. Das ist gar keine Frage, denn in der Begründung zum damaligen Gesetzentwurf und heutigen Gesetz war die Landesstelle für Barrierefreiheit benannt. Die Einigung konnte nicht erzielt werden und darum bin ich sehr optimistisch, dass wir es vielleicht jetzt in dieser Legislatur hinbekommen. Ich denke auch, es macht nicht viel Sinn, unterschiedliche Bezahlungen von Beauftragten in Thüringen weiterhin zu belassen und es macht noch weniger Sinn, die Menschen mit Behinderungen ins Feld zu führen und zu sagen, ob denen das gut tut, wenn der Beauftragte jetzt eine andere Dotierung hätte. Diese Diskussion führen wir auch nicht, wenn es darum geht, ob es die Gleichstellungsbeauftragte ist oder der Bürgerbeauftragte, der Datenschutzbeauftrage oder Ähnliches. Hier bin ich schon der Meinung, dass wir eine gemeinsame Lösung hinbekommen.

 

Es gibt weitere Dinge, Frau Meißner, die Sie im Gesetzentwurf eingebracht haben, wo ich sage, ich weiß nicht, ob man das macht. Vielleicht macht man das ja so, um einfach einen guten Kompromiss hinzukriegen, dass man was reinschreibt, wo Sie sagen, da hängen wir jetzt mal nicht so sehr dran. Ich will mal zwei Dinge nennen. Einmal ist es der § 21 Abs. 2 Satz 1, wo Sie das Wort „zwölf“ streichen wollen. Ich habe heute Vormittag noch mal die Gelegenheit genutzt, habe mit Joachim Leibiger gesprochen und habe gesagt: Möchtest du, dass dein Landesbeirat, der jetzt ja gerade vor wenigen Tagen erst konstituiert worden ist, wirklich mehr als zwölf Mitglieder hat? Da hat er gesagt: Nein, das möchte ich eigentlich nicht, ich möchte, dass der Beirat ein händelbarer Beirat ist, aber ich möchte gerne, dass auch nicht stimmberechtigte Mitglieder natürlich eingeladen werden und dass eine gute Netzwerkarbeit geleistet wird. Ich denke, hier warten wir ab. In den Diskussionen im Ausschuss wird er uns auch noch mal an der Stelle eine Begründung bringen, warum „zwölf“ sicher eine gute Zahl ist.

 

Ich möchte auch noch mal auf das Thema „Barrierefreiheit und Landesfachstelle“ eingehen. Ja, da bin ich persönlich als linke Politikerin sehr dabei, eine solche Fachstelle zu installieren, weil unterschiedlichste Gremien und unterschiedlichste Verordnungen – ob das eine europäische Verordnung ist zur Barrierefreiheit, ob das die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist, die sagt uns, was die Beauftragten in den kommenden Jahren für Aufgaben haben und das braucht auch noch mal Fachkompetenz in einer solchen Stelle.

 

Ich möchte noch mal auf die Änderungen eingehen, welche Sie zu den kommunalen Beauftragten aufgeführt haben. Wenn ich Ihre Änderungen in § 22 Abs. 1 richtig lese, machen Sie das, was die Linke schon vor zwei Legislaturen gefordert hat: Sie wollen zwingend, dass die Kommunen kommunale Beauftragte fordern. Da bin ich wieder als linke Abgeordnete sehr bei Ihnen. Wir haben Ihnen schon im Jahr 2013 einen Gesetzentwurf hier im Landtag vorgelegt, zwingend kommunale Behindertenbeauftrage gefordert. Damals, Kollegin Meißner, wurde uns von Ihrer Fraktion vorgeworfen, das kostet zu viel Geld, das können wir nicht machen. Aber vielleicht sind ja auch bei Ihnen an der Stelle gemeinsam mit der Koalition noch mal neue Denkprozesse in Bewegung gesetzt worden. Wir haben als rot-rot-grüne Koalition bereits im Landeshaushalt 2020 700.000 Euro für kommunale Beauftragte eingestellt. Ich kann nur an der Stelle an Kommunen appellieren: Wählen Sie, organisieren Sie sich hauptamtliche kommunale Beauftragte. Eine finanzielle Unterstützung des Landes ist gegeben. Sie muss auch abgerufen werden, und dafür sollten wir auch streiten, denn da sind so manche Kommunen sehr liederlich mit der Umsetzung genau dieses Punkts.

 

Noch einen letzten Punkt möchte ich gern formulieren. Ich weiß nicht, ob die wirklich alle bis zum Ende durchdacht sind, Ihre Forderungen, die in § 26 Abs. 2, also Bericht und Evaluierung, noch mal formuliert worden sind, dass jetzt ein Bericht zur Wirkung des Gesetzes alle sechs Jahre – wir hatten geschrieben „alle fünf Jahre“ – auf den Weg gebracht werden soll. Wir haben gesagt, erstmals sollte der Bericht 2024 gegeben werden. Sie sagen, er soll 2022 gegeben werden. Wir werden mit den Beauftragten darüber reden, ob diese Forderungen, die Sie hier stellen, machbar sind, oder ob wir wirklich dabei bleiben, so wie es in dem jetzigen Gesetzentwurf formuliert ist.

Ein Letztes – das wissen Sie auch –, was gar nicht geht, das ist das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Dezember 2020. Wir werden, wenn wir Änderungen auf den Weg bringen in dem Gesetz, sie frühestens mit Verabschiedung des Haushalts 2021 erst umsetzen können. Darum wird sicher auch eine Novelle, eine Änderung des Gesetzes erst mit diesem Datum in Kraft treten.

 

In dem Sinne lassen Sie uns gemeinsam an dem Gesetzentwurf arbeiten. Lassen Sie uns gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Behindertenverbände noch mal das bereits gute Gesetz an bestimmten Stellen nachjustieren. Lassen Sie uns gemeinsam in einem der nächsten Monate an der Stelle noch mal darüber reden und im Landtag eine gute und kluge Beschlussfassung auf den Weg bringen. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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