Gesetz zur Novellierung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes und zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 5/4925

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 5/4925

 

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren. Werte Frau Taubert, ja, Sie haben recht. Ich werde jetzt etwas Wasser in den Wein gießen und werde ein wenig Kritik üben an dem vorgelegten Gesetzentwurf,


(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Weil Sie es müssen oder wollen Sie es?)


aber ich glaube schon, dass das der größten Oppositionsfraktion auch zusteht. Mit der Gleichstellung und Frauenförderung sieht es in Thüringen nicht allzu gut aus. Das wissen wir längst und in den einführenden Worten hat Frau Taubert auch darauf hingewiesen. Auch die Beteiligung der SPD an der Landesregierung konnte daran bislang nicht allzu viel ändern. Eine Staatssekretärin, eine gleichbleibende geringe Anzahl von Frauen in den Führungsetagen sind Zeugnis. Schon in der letzten Legislatur konnten wir regelmäßig feststellen, dass das gültige Gleichstellungsgesetz in vielen Bereichen völlig wirkungslos ist. Wir wissen auch, dass sich ohne Druck und Vorgabe auf diesem Gebiet nichts ändern wird. Seit der Verabschiedung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes vor fast 14 Jahren ist es nun an der Zeit, es wirklich wirksam zu überarbeiten. Sie sagten es schon, Frau Taubert, bereits vor drei Jahren haben Sie in dem Koalitionsvertrag gemeinsam mit der CDU Sanktionen vereinbart, um die Gleichstellung wirklich voranzutreiben. Das wollten aber offensichtlich einige in der Landesregierung nicht, denn nicht anders ist es zu erklären, warum der Gesetzentwurf jetzt, drei Jahre nach Bestehen der Koalition, erst auf dem Tisch liegt. Dass dieses Gesetz von Teilen der Landesregierung nicht wirklich gewollt wurde, haben Sie im Prinzip auch sinngemäß so dargelegt.


Ich will in wenigen knappen Punkten einmal unsere Kritik darlegen. 134 kommunale Gleichstellungsbeauftragte soll es in Zukunft weniger geben; keine vollen Stellen für die verbleibenden 48 Gleichstellungsbeauftragten. Gleichstellungspläne sollen nur noch in den Dienststellen mit mindestens 50 Bediensteten erstellt werden, und dies alle sechs Jahre. Freistellungsregelungen sind formuliert, von denen kaum einer der Beauftragten meiner Meinung nach profitieren wird, und kein wirkliches erkennbares eigenes Budget für die Gleichstellungsbeauftragten. Eine klare Quote für Führungspositionen konnte ich auch nicht aus dem Gesetzentwurf herauslesen.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sicher, die Sozialministerin spricht davon, dass der Frauenanteil in Führungspositionen im öffentlichen Dienst von 20 auf 40 Prozent gesteigert werden soll. Aber wo sind die Zahlen festgehalten, Frau Taubert? Der Gesetzestext gibt keine konkrete Quote vor und keinen konkreten Zeitplan, wie dies umgesetzt werden soll. Das heißt lediglich, die Unterrepräsentanz soll abgeschafft werden. Es soll also auf Dauer nicht unter 40 Prozent der Frauen fallen. Bis wann das geschehen soll, steht nicht im Gesetzentwurf, auch nicht, was passiert, wenn die Quote nicht erreicht wird. Nur für den Fall, dass die nicht um die Hälfte erreicht wird, müssen Neubesetzungen genehmigt werden. Aber das sind keine klaren Ziele, keine verbindlichen Vorgaben, die konkrete Anstrengungen zur Folge haben werden.


Sehr geehrte Frau Taubert, Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem man ansieht, dass er im Kabinettsdurchlauf, so denke ich, ordentlich zurechtgestutzt worden ist. Wie soll denn in den Kommunen die Gleichstellung vorangebracht werden, wenn 74 Prozent der Gleichstellungsbeauftragten zukünftig eingespart werden sollen. Sie wissen doch selbst, dass die Berücksichtigung von Frauen bei Führungspositionen kein Selbstläufer ist. Sie wissen auch, dass Frauenbelange vor Ort gern als dritt- oder viertrangige Aufgabe gesehen werden, und wenn es um die Verteilung der knappen Gelder geht, dann wird dies meistens noch etwas nach hinten gestuft. Zum Glück, sage ich an der Stelle, gibt es Frauenzentren, gibt es noch Frauenhäuser und es gibt zum Glück auch noch frauenspezifische Veranstaltungen in Thüringen. Aber ohne eine entsprechende Interessenvertretung vor Ort werden wir auch hier, so ist zu vermuten, in den kommenden Jahren Stück für Stück zurückfallen.


Werte Abgeordnete, die Gleichstellungsbeauftragten, mit denen wir auch viele Gespräche geführt haben, haben uns immer wieder gesagt, dass sie in ihrem Bereich wirklich nur arbeiten können, wenn sie 100 Prozent für diese Funktion Zeit zur Verfügung haben. Es ist nicht wirklich hinnehmbar, warum bisher die Gleichstellungsbeauftragten noch mit dem Thema Datenschutz, mit dem Sozialbereich, mit der Migration oder mit der Seniorenarbeit vertraut waren, weil sie somit nur eine 50-prozentige Stelle gefördert bekamen. Auf den ersten Blick habe ich gesagt, 75 Prozent ist ein erster Schritt, es ist ein Anfang, aber wo ich noch einmal mir genau den § 22 des Gleichstellungsgesetzentwurfs angeschaut habe, bin ich doch etwas ins Zweifeln gekommen. Warum haben Sie denn hineinformuliert, dass es möglich sein kann in gemeinsamer Übereinstimmung mit der Dienststelle, dass man auf die 75 Prozent verzichten kann. Ich vermute an der Stelle ganz deutlich, dass der Druck der Dienstherren ganz oft auf die Gleichstellungsbeauftragten aufgemacht wird, dass sie nicht den Anspruch erheben, 75 Prozent ihrer Stelle wirklich mit dem Thema Gleichstellung zu befassen. Das ist ein großes negatives Element in dem § 22 und ich kann nur hoffen, dass in der Diskussion viele Vertreterinnen hier noch einmal ihren Finger in die sogenannte Wunde halten und dass dieser Satz aus dem Gesetzentwurf wieder herauskommt.


Wir sagen, wer Gleichstellung will, muss Gleichstellung umsetzen, und zwar sehr zeitnah. Wenn Gleichstellungspläne nur noch alle sechs Jahre verfasst werden und alle drei Jahre überprüft werden, gerät dieses Anliegen meiner Meinung nach außer dem Blick. Sie nennen es Verwaltungsvereinfachung, ich spreche da einfach eine andere Sprache. Sicher, wenn man die Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst immer nur mit Verwaltungslast, nicht aber mit einem wirklichen Anliegen sieht, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, dann könnte es sein, dass man die Last reduzieren will. Dies würde ich aber für fatal halten.


Werte Frau Taubert, werte Frau Arenhövel, ich weiß, Sie haben sich bemüht in den letzten Jahren, nicht alle Wunschträume sind wahr geworden und auch in diesem Gesetzentwurf nicht wahr. Ich weiß, Sie sind auch nicht mit der Anzahl der Frauen in Führungspositionen in den Thüringer Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen zufrieden, aber dann lassen Sie uns wirklich diese Paragraphen noch einmal sehr intensiv anschauen, weil, so ein bisschen Sanktionen gehören meiner Meinung nach rein, und auch der Druck muss an der Stelle viel intensiver verstärkt werden. Da denke ich auch, die Zeit, alle sechs Jahre und alle drei Jahre nur noch mal zu überprüfen, ist mir da einfach zu lang. Aber das sollten wir gemeinsam im Ausschuss bereden.


Ich will noch mal ein paar Sätze sagen zu der heute Morgen in den Medien verbreiteten Nachricht, die ich sehr wohl gehört habe, dass die Mehrheit im Bundesrat für den Antrag der Hamburger Justizsenatorin, eine Aufsichtsratsquote von 40 Prozent, steht. Ich fand das gut.


(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Wirtschaftlicher Irrsinn!)


Ich finde auch gut, wenn sich da andere Landesregierungen jetzt dazu durchringen können. Ich würde mir auch wünschen, dass wir diese 40-prozentige Quote in diesem Gesetzentwurf formulieren könnten.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann hätten wir eine wirkliche Chance, über die nächsten Jahre hinweg genau das auch einzufordern. Aber auch hier bin ich offen und sage, wir werden gemeinsam in den Ausschüssen sicher das Thema der Quote anreißen und diskutieren.


Die Gesamteinschätzung bei mir für dieses Gesetz heißt „abbauen, ausdünnen, versäumen“. Das ist noch kein wirkliches Instrument eines neuen Thüringer Gleichstellungsgesetzes. Wir sollten also gemeinsam die Chance nutzen, den Gesetzentwurf der Landesregierung, aber vor allem auch den Gesetzentwurf meiner Fraktion, der seit Januar dieses Jahres in dem Ausschuss liegt, der an vielen Stellen gute, und, ich denke, sogar bessere Formulierungen und Paragraphen beinhaltet, die wirkliche Gleichstellung zukünftig beinhaltet, diskutieren. Ich möchte auch, dass wir gemeinsam den Gesetzentwurf der Landesregierung und den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in einer öffentlichen Anhörung diskutieren, den Erfahrungsaustausch durchführen und die Hinweise der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen, in den Ministerien und, und, und ernst nehmen und so zu einem guten Thüringer Gleichstellungsgesetz ab dem Jahr 2013 kommen. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)


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