Moderne barrierefreie Informations- und Kommunikationsplattform in Thüringen 1/2

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/4333

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/4333

 

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Kollege Kubitzki hat es bereits erwähnt, mit unserem Antrag „Moderne barrierefreie Informations- und Kommunikationsplattform in Thüringen“ beschreiten wir heute hier im Landtag Neuland. Ein Wort an Herrn Koppe -, es ist Neuland, das wir beschreiten, wenn wir die Forderung aufmachen, zukünftig zu prüfen, inwieweit Parlamentsdokumente und andere öffentliche Schriften in anderen Schriftformen, wie wir sie bisher kennen, vervielfältigt werden. Ich sage auch, es muss überlegt werden, inwieweit in Leichter Sprache, in Brailleschrift oder in Audiodeskription oder Ähnliches, wir die Dokumente zur Verfügung stellen, das sollten wir diskutieren. Es ist eine Anforderung von Menschen mit Behinderungen, sich genau auf ihre Art und Weise, wie sie es können, sich diesen Dokumenten und diesen Informationen des Thüringer Landtags Zugang zu verschaffen, der wir mit diesem neuen Schritt offen gegenüberstehen sollten.

Menschen mit Behinderungen haben es bisher nicht leicht mitzubekommen, welche Dokumente, welche Inhalte hier im Landtag besprochen wurden, was gedacht wurde oder welche Forderungen unterschiedliche Fraktionen hier stellten. Am 5. Mai, dem europäischen Protesttag der Menschen mit Behinderungen, wurde die Devise im Mittelpunkt der Proteste und der Veranstaltungen gestellt, „Jede Barriere ist eine zu viel. Dass das richtig ist, zeigt uns, wie die Landesregierung in den zurückliegenden Jahren mit der Thematik der Internetpräsenz umgegangen ist. Hier hat die Landesregierung bewusst in Kauf genommen, dass ihre eigenen Gesetze, wie das seit 2005 in Kraft getretene Thüringer Gleichstellungsgesetz , nicht umgesetzt wurde.


In einer Vielzahl von Anfragen habe ich mich in dieser Legislatur genau mit dieser Thematik befasst. Ich hatte den Eindruck, man spielte sich den Ball vom Sozialministerium zur Staatskanzlei hin und her und, ich denke, das Sozialministerium und die Ministerin haben gut daran getan, dass sie eindeutig geklärt hat, dass das nicht ihre Aufgabe ist, die Internetpräsenz der Landesregierung zu befördern, sondern, Herr Staatssekretär, das ist Ihre ureigenste Aufgabe. Ich bin schon verwundert, wie Sie sich immer in der Beantwortung gewunden haben, wie denn nun endlich die Umsetzung Ihrer beschlossenen Gesetze realisiert werden müssen. Ich bin gespannt, was Sie uns antworten, wenn es denn nun soweit sein wird, dass Thüringen eine barrierefreie Internetplattform für Menschen mit Behinderungen freischaltet und das nicht nur in der Thüringer Landesregierung, sondern auch in den nachgeordneten Einrichtungen. Auf Ihre Anmerkungen bin ich wohl gespannt. Aber das ist nur Punkt 2 unseres Antrags.

Punkt 1, darauf will ich noch einmal kurz zurückkommen, erwähnt, dass wir die Forderung aufmachen, zukünftig die Schriftstücke auch in leichter Sprache und auch in Brailleschrift aber auch auf Disketten zur Verfügung zu stellen. Gefordert ist auch, dass Gebärdendolmetscher hier vorne am Pult mit übersetzen. Wir haben den Antrag nicht gestellt, nur damit wir einen Antrag stellen, sondern wir haben im Vorfeld gemeinsam mit den betroffenen Verbänden intensiv darüber gesprochen, inwieweit sie für sich entscheiden wollen, dass sie eine Landtagssitzung oder eine öffentliche Ausschuss-Sitzung im Live-Stream miterleben. Es ist uns deutlich gemacht worden, ja, das möchten wir. Die technischen Voraussetzungen, diese Landtagssitzungen in der Öffentlichkeit zu übertragen, sind gegeben. Es ist die Frage zu stellen, warum es nicht möglich ist, dass wir eine Gebärdendolmetscherin, einen Gebärdendolmetscher in den Landtagssitzungen haben, welcher die Reden und die Anträge gebärdet. Warum ist das nur möglich, wenn ein neuer Bundespräsident gewählt wird? Ist das ein so herausragendes Ereignis, dass nur da die Gebärdendolmetscherin, der Gebärdendolmetscher benötigt werden oder ist es nicht auch ganz wichtig, dass die betroffenen Menschen miterleben können, wie wir im Landtag inhaltlich arbeiten? Darum ist eine Forderung, auch diese Veranstaltungen, also öffentliche Ausschuss-Sitzungen und Landtagssitzungen zu gebärden.


Eine zweite Forderung ist, die haben wir auch mit den betroffenen Verbänden beredet, Anträge in leichter Sprache zu formulieren. Sicher, wer das erste Mal so einen Antrag in leichter Sprache vor sich hat, hat vielleicht etwas geschmunzelt und dachte, ich verstehe das gar nicht. Ich glaube auch an der Stelle, Herr Koppe, ist es nicht richtig, wenn Sie formulieren, Menschen mit Behinderungen sollen es sich vorlesen oder erklären lassen. Nein. Die UN-Konvention sagt eindeutig, Dokumente sind in leichter Sprache zu verfassen oder zu formulieren. Es gibt mittlerweile ein hervorragendes Büro vom CJD hier in Erfurt, die Fachfrauen und Fachmänner bei sich angestellt haben, die Dokumente in leichte Sprache übersetzen. Die Landesregierung, vielmehr der Behindertenbeauftragte, hat von der Kompetenz genau dieses Büros bereits Gebrauch gemacht und sich einige Broschüren erstellen lassen. Warum sollten nicht auch die Landesregierung oder die Fraktionen auf dieses Büro zugehen, um ihre Anträge für Bürgerinnen und Bürger zu übersetzen können?


Übrigens: Leichte Sprache hilft nicht nur Menschen mit Lernbehinderungen, sondern es kann auch ein positiver Aspekt sein für ausländische Bürgerinnen und Bürger, damit sie besser verstehen, was in Dokumenten geschrieben ist. Leichte Sprache bedeutet für mich auch, dass man zukünftig überlegen sollte, inwieweit Bescheide, die von den Behörden erlassen werden, so geschrieben werden, dass sie jeder versteht. Bereits heute ist es so, dass entweder Antworten auf Petitionen oder Bescheide, die vor Ort an Bürgerinnen und Bürger ergehen, kaum verständlich sind. Auch hier wäre eine Bemühung seitens der Verwaltung, egal ob auf Landesebene oder auf kommunaler Ebene wichtig, um so Bescheide zu verfassen, dass sie auch als allgemein verständlich zählen.

Das sind zwei Punkte, die ich in unserem Antrag erwähnen wollte. Der Punkt der Brailleschrift ist auch ein wichtiger. Denn nicht alle Bürgerinnen und Bürger besitzen einen Computer und können sich die Dokumente dann anhand mit zusätzlicher Software so runterladen, dass sie sie auch lesen können. Also ich denke schon, die Brailleschrift ist ein Punkt, der mit ins Auge gefasst werden soll, damit zusätzlich oder zukünftig die Dokumente in vielfältiger Form erstellt werden.


Mein Kollege Kubitzki hat es bereits gesagt, wir haben in unserem Antrag Bezug genommen auf die UN-Konvention und deren Umsetzung und wir haben auch die einzelnen Artikel noch einmal aufgeführt. Die Landesregierung hat ja nun seit ca. 4 Wochen einen Aktionsplan in Umsetzung der UN-Konvention verabschiedet, ohne dass er den Thüringer Landtag noch einmal passiert hat und ohne dass wir noch einmal inhaltlich darüber reden konnten. So ist es schon verwunderlich, dass einige Passagen, von denen ich hier bereits in unserem Antrag gesprochen habe, nur so angedeutet worden sind. Also mit den Bemerkungen, „man bemühe sich“ oder „man hat vor“, die Barrierefreiheit herzustellen, oder man „bemühe sich“, die leichte Sprache anzuwenden. Nein, sagen wir als LINKE hier eindeutig, es reicht nicht, sich zu bemühen, sondern es braucht einen Beschluss des Thüringer Landtags. Es muss ganz normal werden, dass auch in anderen Schriftformen die Dokumente, die wir erstellen, den Bürgerinnen und Bürgern von Thüringen, aber auch darüber hinaus zur Verfügung zu stellen. Danke schön.

Dateien