Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sowie zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes

Karola Stange

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6825

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6825

 

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Vertreterinnen der Vereine und Verbände, die uns heute zuhören und zuschauen. Herr Leibiger, Herr Pfeffer, seien Sie mir gegrüßt heute hier im Hohen Hause.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Frau Meißner, was Sie vor wenigen Minuten hier an diesem Pult dargelegt haben, das ist – glaube ich – schon eine kleine Frechheit. Es muss wohl sehr, sehr schmerzen, dass Sie hier vor fünf Jahren nichts Positives zu verkündigen hatten, als Sie noch Regierungsverantwortung trugen. Das – denke ich – haben wir jetzt hinbekommen, ein guten Gesetzentwurf, der auch das auf den Weg bringt, was Menschen mit Behinderung in den zurückliegenden Monaten und fast Jahren immer gefordert haben. Wir haben es geschafft, Frau Meißner, Sie nicht, das hat auch Frau Pelke gerade noch einmal wiederholt und das können Sie uns auch nicht schlechtreden.

 

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und ich war noch mehr enttäuscht, Frau Meißner, als ich Ihren Änderungsantrag gesehen habe. Wenn Sie es ehrlich gemeint hätten mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, dann hätten Sie diesen Änderungsantrag in den Sozialausschuss eingebracht. Da waren Sie nämlich meiner Meinung nach überhaupt nicht vorbereitet. Sie hatten sich überhaupt nicht mit dieser Thematik befasst, Sie haben dazumal zum Gesetzentwurf mit einer Enthaltung

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Wir haben genauso lange gebraucht wie Sie!)

votiert und ich bin an der Stelle von Ihrer Arbeitsweise einfach echt enttäuscht.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das, was Sie hier den Kolleginnen und Kollegen der anderen Verbände gerade als Ihr Thema unterschieben wollen, das haben Sie von anderen Fraktionen aus anderen Ländern abgekupfert. Haben Sie bei der CDU niemanden, der auch gute Ideen hat? Das ist mir jetzt bei der Thematik eingefallen.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf, den wir heute endgültig verabschieden können – und darauf ist bereits hingewiesen worden –, auf den haben viele Menschen mit Behinderung sehr, sehr lange gewartet. Heute ist es soweit und an der Stelle sage ich nicht nur meinen Koalitionsfraktionen Danke, sondern auch dem Ministerium und der Ministerin, der Staatssekretärin gemeinsam mit den Beauftragten, die wirklich in den zurückliegenden vier Jahren intensiv daran gearbeitet haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Was, werte Kolleginnen und Kollegen, diesen Gesetzentwurf auch so besonders macht – er geht auf das Thema Inklusion ein. Wir haben nicht ein Integrationsgesetz, sondern wir haben ein Inklusionsgesetz und wir wollen mit diesem

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Gesetzentwurf genau das, was die UN-Behindertenrechtskonvention uns mit auf den Weg gegeben hat, auch in Thüringen umsetzen. Wir möchten nicht, dass Menschen ausgeschlossen sind, so wie es durch die Integration in den zurückliegenden Jahren gelebt wurde. Wir möchten, dass Inklusion gelebt wird. Da wird kein Mensch vorher ausgeschlossen, sondern all die Menschen mit ihren unterschiedlichsten Fehlern, mit ihren unterschiedlichsten Handicaps gehören zur Gesellschaft dazu. Das ist genau das Thema, welches dieser Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat. Dafür noch mal danke.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben gerade über unsere Änderungsanträge gesprochen, die wir als Koalitionsfraktion eingebracht haben. Ich möchte diese an der Stelle nicht wiederholen. Aber war mir wichtig ist, ist das Thema des Verbandsklagerechts. Das haben in Thüringen Verbände die letzten Jahrzehnte gefordert. Jetzt können wir einfach sagen, wenn ihr eine Benachteiligung seht, werte Verbände, dann geht los und klagt. Das war bisher nicht möglich. Wir haben das jetzt in diesem Gesetzentwurf verankert.

Wir haben noch mal – Kollegin Pelke hat es bereits gesagt, aber ich will es für das Protokoll und die Öffentlichkeit noch mal sagen – wir haben im Haushalt 2019, 2020 Geld in Höhe von 700.000 Euro eingestellt, damit die kommunalen Behindertenbeauftragten finanziell durch das Land unterstützt werden können. Das gab es bisher nicht.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ich rufe alle Kommunen auf – so wie sie bereits auch informiert worden sind –: Gehen Sie auf das Ministerium zu, stellen Sie die Anträge, um Ihre hauptamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten finanziell zu unterstützen vonseiten des Landes. 23 Thüringer Kommunen haben Beauftragte, die können Geld abrufen. Tut es, damit es nicht wieder zurückfällt in den Insgesamthaushalt. Ich denke, das ist eine Leistung, die kann sich sehen lassen. Das hat Rot-Rot-Grün hingebracht. Da wirkt unsere Politik.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir haben uns in den zurückliegenden Diskussionen auch darauf verständigt, dass leichte Sprache von den kommunalen Gebietskörperschaften umgesetzt wird. Da, wo Menschen in leichter Sprache die Dokumente erhalten möchten, da sind diese in leichter Sprache zu erstellen. Das ist ein Novum, was es bisher nicht gab. Da sage ich Ihnen auch, die Vertreter des Landkreistags und des Gemeinde- und Städtebunds waren über solche Anforderungen an dieses Gesetz nicht so sehr erfreut. Wir werden es aber heute verabschieden. Das heißt auch, Kommunen müssen sich diesbezüglich weiterbilden, müssen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so bilden, dass leichte Sprache angewandt wird und damit auch Bescheide erstellt werden können.

 

Die Stärkung des Landesbehindertenbeauftragten ist bereits durch Kollegin Pelke erwähnt worden. Das ist ein Thema, was wir als Linke in den zurückliegenden zehn Jahren immer hoch und runter diskutiert haben. Jetzt wird es erstmalig im Gesetz verankert, auch dass er hier in den Thüringer Landtag angesiedelt ist mit der nächsten Legislatur. Wenn der Gesetzentwurf also zum 01.12. dieses Jahres greift, dann werden wir an der Stelle Neuland begehen. Ich bin sicher, dass der oder die neue Behindertenbeauftragte genau das, was wir als Arbeitsthemen in den Gesetzentwurf geschrieben haben, dass er oder sie das ernst nimmt und hier auch so agieren wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den zurückliegenden Monaten und Jahren noch nie so intensiv über einen Gesetzentwurf diskutiert sowohl im außerparlamentarischen Bündnis, als auch in Arbeitsgruppen, in den unterschiedlichsten Gremien. Und ich kann nur sagen: Gut so, dass wir es jetzt hier heute verabschieden können.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Eine kleine Anmerkung will ich noch zu einem Änderungsantrag, der vonseiten der AfD-Fraktion im Gleichstellungsausschuss eingebracht worden ist, machen. Auch sonst gab es ja wenig Diskussionen. Die AfD-Fraktion will die Streichung des § 7 Abs. 1. Damit leugnet meiner Meinung nach diese Fraktion die frauen- und behindertenpolitischen Realitäten. Denn der § 7 Abs. 1, speziell mit dem ausgeformten Gleichstellungsgebot zugunsten behinderter Frauen, hat was mit einer inklusiven Gesellschaft zu tun und dies ist unverzichtbar. Denn wir wissen alle, vor allem behinderte Frauen werden hier in der Gesellschaft leider immer noch doppelt diskriminiert, einmal als behinderte Frau und einmal als Frau an sich. Und das wollten sie mit der Streichung des § 7 einfach ad absurdum führen. Wir sagen: Ihr Änderungsantrag wird abgelehnt, weil wir uns genau auf dieses Thema nicht reduzieren lassen wollen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, damit er zum Ende des Jahres 2019 in Kraft treten kann. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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