Verstärkte Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2383 -

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2383 -


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Frau Pelke, bei den ersten Worten von Ihnen habe ich gedacht, ja, Sie überweisen den Antrag. Sie haben dann einen Grund gefunden, warum man es nicht bräuchte, unter anderem ein Datum. An der Stelle sage ich, wenn es nur an dem Datum liegt, ändern wir das natürlich, wenn das zu knapp ist. Ein Änderungsantrag wäre dazu jederzeit möglich, kann man auch im Ausschuss formulieren.

Herr Worm, von Ihnen hatte ich fast nichts anderes erwartet, dass Sie alles gutreden und dass alles „Top Thüringen“ ist, aber ich denke, die Diskussionen, die wir auch vor wenigen Stunden hier zu dem Thema Fachkräftemangel geführt haben, zeigen, dass vieles, vieles im Argen liegt.


Bevor ich noch mal auf unseren Antrag eingehe, möchte ich ganz bewusst eine Zahl nennen, was gerade passiert ist. Draußen im Foyer hat der Landesfrauenrat - und das wird zumindest alle Mitglieder des Gleichstellungsausschusses gemeinsam erfreuen - über 440 Unterschriften abgegeben. Sie hatten aufgerufen, sich mit einer Unterschrift für den Erhalt des Gleichstellungsausschusses einzusetzen.


(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Zahl ist mir gerade genannt worden. Ich denke, das ist schon ganz ordentlich, was innerhalb von wenigen Tagen da zusammengekommen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, reden wir jetzt doch einmal über unseren Antrag, „Verstärkte Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern“ - so ist die Überschrift. Mein Kollege Kubitzki hat bereits erklärt und der Kollege Augsten hat das auch getan, wie und wo die Ursachen und die Ursprünge dieses Antrags liegen, nämlich in der Europäischen Kommission. Und die hat im März 2010 eine Frauen-Charta verabschiedet, die die Schwerpunkte innehatte, und die haben wir auch schon gerade auszugsweise gehört, wie z.B. gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen und Männer, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau außerhalb der EU, das Rollenverständnis, Würde, Integration, Bekämpfung geschlechterbezogener Gewalt. Die Europäische Kommission hat also eine Strategie verabschiedet und hier, so denke ich, liegt der kleine Unterschied; diese Strategie muss auf nationaler Ebene Eingang finden in das wirkliche Wirken und das heißt, nicht nur in Berichte, sondern in unserem Antrag steht auch bei Punkt 1, wir wollen die konkrete Umsetzung der Punkte. Darüber soll berichtet werden und nicht einfach mal, was schon alles getan wird; das ist der Unterschied zu dem, was bereits argumentiert worden ist.


Ich weiß - und da sind wir uns in der Fraktion DIE LINKE einig -, dass in den zurückliegenden Jahren auf dem Gebiet der Gleichstellung auch in Thüringen so manches passiert ist. Es gibt kommunale Gleichstellungsbeauftragte, es gibt in den Ministerien Gleichstellungs- oder Genderbeauftragte, es gibt Frauenförderpläne, es gibt das Thüringer Gleichstellungsgesetz, welches - und das ist auch bereits angesprochen worden - nun endlich einer wirklichen Novellierung zugeführt werden muss. Es gibt die Gleichstellungsbeauftragte Frau Arenhövel. Es gibt natürlich viele Dinge, aber - und das haben wir in den letzten Stunden mehrfach immer wieder wiederholt - es gibt noch vieles, was im Argen liegt. Über diese Dinge müssen wir reden und gemeinsam mit der Landesregierung Strategien, Vorschläge, etc. bearbeiten und auf den Weg bringen, damit genau das, was im Argen liegt, endlich geklärt werden kann. Es ist natürlich heute auch ganz bewusst dieser Antrag so gewählt worden, weil heute der „Equal Pay Day“ ist, wo wir uns genau noch mal mit dieser Thematik auseinandersetzen wollen. Wir haben doch nicht umsonst heute Morgen hier draußen Unterschriften gesammelt für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine Aktion, die dankenswerterweise BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute Morgen initiiert haben.


Wenn wir uns ganz konkret noch mal die Zahlen anschauen, so heißt das, der Abstand der Löhne der Männer zu denen der Thüringer Frauen beträgt 176 € oder 6,8 Prozent. Auch diese Zahl ist heute schon gesagt worden. Das sind doch Zahlen, die wirkliche Auswirkungen haben. Man kann es auch anders sagen, dass der durchschnittliche Bruttomonatslohn 2.122 € beträgt bzw. 14,17 € Bruttostundenlohn erzielen die Thüringer Frauen im Vergleich weniger zu den bundesdeutschen Frauen. Also das sind doch Zahlen, die einfach erschrecken, über die muss man nicht nur reden, sondern da muss man auch ganz konkrete Maßnahmen und Vorschläge unterbreiten, wie wir diese eklatant unterschiedliche Bezahlung hier in Thüringen endlich beseitigen können. Das können wir nicht mal so mit einem Federstrich, da sind wir uns einig, darum brauchen wir die Maßnahmen, von denen ich vorhin bereits schon einmal erzählte.


(Beifall DIE LINKE)


Der DGB hat heute und auch gestern zur Veranstaltung ein Flugblatt verteilt. Da steht drauf: „Frauen in Thüringen: Flexibel,“ - ja, das sind wir, aber dann geht es weiter „prekär und unterbezahlt“. Das ist eine Tatsache und mit dieser Tatsache wollen wir uns als Linke hier im Thüringer Landtag nicht länger abfinden. Ich hoffe, an diesem Punkt sind wir uns gemeinsam einig. Alle haben von den Erfahrungen gesprochen, wenn es darum geht, wenn gut ausgebildete junge Frauen das Land verlassen, in andere Bundesländer gehen und auch nicht wiederkommen, weil sie sich in den sogenannten alten Bundesländern niederlassen, einen Mann oder eine Frau finden und dort ihren Lebensmittelpunkt für immer haben. Das sind Fachkräfte, die uns hier verlorengegangen sind. Was wir brauchen, sind Perspektiven für unsere Thüringer Frauen,


(Beifall DIE LINKE)


denn die Abwanderung, von der wir auch schon sehr oft sprachen, ist nicht nur für die Wirtschaft und die Demographie schlecht, sondern natürlich auch für das soziale Gefüge hier in Thüringen. Es gibt einen sogenannten Männerüberschuss und der ist deutlich. Es gibt Regionen hier im Land, da kommen auf 1.000 Männer nur noch 80 oder 90 Frauen. Also brauchen wir diese Strategie und wir brauchen für die Umsetzung der Strategie gemeinsam die Diskussion auch mit der Landesregierung. Natürlich sind wir uns in vielen Dingen einig, ob das nun der flächendeckende Mindestlohn ist - zumindest sind sich da die LINKEN und die GRÜNEN einig -, ob das die Frauenquote ist in DAX-Unternehmen, in Vorständen oder Ähnliches. Darüber haben wir lange gemeinsam diskutiert, aber genaue Lösungsansätze haben auch wir hier im Landtag dazu noch nicht beschlossen oder beredet. Also lassen Sie uns in der Zukunft genau über diese Strategien der Europäischen Kommission hier reden und auch gemeinsam mit der Landesregierung dieses tun.

Dieser Gleichstellungsbericht, von dem gesprochen wurde, der natürlich im Gesetz festgeschrieben ist - und davon gehe ich aus, dass die Landesregierung ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommt -, ist nur ein einziger Punkt, um sich intensiver noch einmal mit noch zu klärenden problematischen Dingen auseinanderzusetzen. Das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hat ganz viel inhaltlichen Raum heute eingenommen. Darum will ich es mir sparen, das noch einmal inhaltlich heute auszuargumentieren. Aber es gibt Möglichkeiten, wo die Landesregierung da Klärungsansätze einbringen könnte. Ich schaue nur dahin, wenn es darum geht, Verhandlungen mit Tarifpartnern zu führen. Ich hatte bereits vorgestern genannt: das Thema Frankreich oder Luxemburg. Was dort möglich ist, könnte ja auch in Deutschland und somit auch in Thüringen gang und gäbe werden, wenn es endlich politisch gewollt würde.


Wir haben auch im Punkt 2 noch einmal dargelegt, dass wir gern die Maßnahmen der Landesregierung hätten, um zu einer besseren Frauenquote vor allen Dingen bei Landesbediensteten usw. zu kommen. Schauen wir uns doch einmal die Zahlen an, sie sind schon erschreckend, einfach erschreckend. Von 720 Professuren an Thüringer Universitäten waren nur 92 mit Frauen besetzt, das sind ganze 12,7 Prozent. An den Fachhochschulen sind von 362 Führungspositionen ganze 51 von Frauen besetzt, das sind 14,1 Prozent. Also hier liegt doch im Prinzip vor Augen, dass es da wirklich Nachholbedarf gibt. Auch in den Thüringer Landesbehörden sieht es nicht besser aus. Im Jahr 2009 hatten in 37 Abteilungen nur zwei Abteilungen eine Leiterin und nur 53 von 216 Referatsleitungen waren weiblich besetzt. Das sind doch alles Punkte, die man einfach auch als Landesregierung zur Kenntnis nehmen muss, dass hier gearbeitet werden muss, und das schnell. Sie haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, auch als es darum ging, dass die Landesregierung ihre Staatssekretäre und Minister benannt hat. Von zehn Staatsekretären ist eine einzige eine Frau. Hier hätte sicher allen der Regierungskoalition auch etwas anderes gut zu Gesicht gestanden.


(Beifall DIE LINKE)


Auf eine Kleine Anfrage, die ich im letzten Jahr zu dieser Problematik gestellt habe, wie freie Stellen vorzugsweise mit Frauen besetzt werden sollen in der Landesregierung und in ihren nachgeordneten Einrichtungen, ist auf Artikel 33 des Grundgesetzes verwiesen worden, und jetzt zitiere ich, wie mir geantwortet worden ist: „wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zum öffentlichen Amt habe“. Toll! Die Interpretation, dass damit etwa eine verstärkte Chancengleichheit einhergehen kann, die erschließt sich mir nicht. Wenn nämlich das genauso wäre, wären die Zahlen, die ich eben vorgetragen habe, vollkommen andere. Auch hier haben wir gemeinsam noch einmal Nachholbedarf, auch mit der Landesregierung an der Stelle Maßnahmen zu bereden.


Die ganze Thematik Qualifikation von Frauen, die vielleicht so schlecht wäre, haben wir hier auch vor einem Jahr schon einmal beredet. Auch hier waren Sie nicht bereit, eigene Anträge, die wir als Opposition auf den Weg gebracht haben, zu beschließen, damit uns die Landesregierung eine langfristige Strategie vorlegen kann, wie Qualifikation von Frauen, aber auch von Männern durchgeführt werden soll. Das ist auch ein Punkt, der einfach so abgearbeitet worden ist nach dem Motto: Wir gehen zur Tagesordnung über, es wird schon alles geregelt.

Frau Pelke, ich hatte es vorhin bereits gesagt: Ich hätte ganz gern die Umsetzung der Maßnahmen.


(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das wollen wir auch, aber dazu benötigt man keinen Bericht.)


Und darum habe ich gesagt, die Umsetzung der Maßnahmen sollen uns in Form eines Berichts gebündelt vorgelegt werden. Das ist sicher der Unterschied zwischen uns beiden oder unseren Fraktionen, wo wir sagen, wo es im Moment notwendig ist.


(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD)


Natürlich gibt es das, Frau Pelke, kein Problem damit.

Ich komme noch einmal zum Thema Atlas. Ja, wir wissen, dass die Landesregierung an dem Bundesatlas mitarbeitet. Das ist sicher gut und richtig, vollkommen klar, aber wir hätten ganz gern diesen Atlas, diese einzelnen Punkte aus dem Atlas, auch für einen speziellen Thüringer Atlas vorgelegt bekommen, damit wir genaue Schlussfolgerungen ziehen können, warum vielleicht Väter, die nur zwei Monate in Elternzeit gehen, nicht mehr Elternzeit in Anspruch nehmen. Warum Sie nicht genügend Zeit zur Verfügung haben für Ihre Kinder und Ihre Frauen, woran es liegt. All diese Dinge könnten auch durch den Atlas - das hat der 2009er Atlas gezeigt - uns noch mal dargelegt werden. Ich weiß gar nicht warum wir uns, diejenigen, die sich mit Gleichstellung befassen, immer so zurücknehmen. Der Wirtschaftsminister hat jetzt einen großen Trendatlas vorgelegt. Das ging ratzbatz, da lag der da. Da hat keiner gesagt, brauchen wir den oder brauchen wir den nicht. Darum plädiere ich noch einmal ausdrücklich für diesen Gleichstellungsatlas, den wir auch für Thüringen unbedingt benötigen, um die entsprechenden Ableitungen zu treffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten unseren Antrag in den zuständigen Gleichstellungsausschuss überweisen, um die eventuell bestehenden Differenzen natürlich inhaltlich miteinander zu bereden, um auch diese auszuräumen, denn es geht um Gleichstellung von Mann und Frau und dies geht uns alle an. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)


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