Konsequente Verfolgung statt Verharmlosung rechter Gewalt

Kai Budler

Erneut wird Gewalt von Neonazis in Erfurt als „Auseinandersetzung unter Alkohol“ verharmlost. In ihrer Medieninformation spielt die Landespolizeiinspektion Erfurt den brutalen Angriff auf das AJZ in Erfurt in der Nacht zum Donnerstag, d. 27.07., als „körperliche Auseinandersetzung zwischen mehreren alkoholisierten Personen“ herunter. Nach Angaben des AJZ hingegen missachtete eine Gruppe von drei Neonazis die Aufforderung das Gebäude zu verlassen, setzte Pfefferspray gegen die BesucherInnen des AJZ ein und schlug mit Metallstangen auf sie ein. Die Bundestagskandidatin der LINKEN im Wahlkreis 193 und Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion der LINKEN im Bundestag, Martina Renner forderte: „Der aktuelle Umgang mit Neonazi-Gewalt darf nicht in die frühen 1990er Jahre zurück fallen, als Alkohol als Entschuldigung rechter Gewalt galt und Neonazis und ihre Opfer als ‚rivalisierende Jugendbanden‘ beschrieben wurden. Eine solche Verharmlosung nutzt rechten Gewalttätern und fügt ihren Opfern erneut Schaden zu“. Schon im letzten Jahr registrierte ezra, die mobile Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen, die landesweit meisten rechten Gewalttaten in Erfurt. Einer der aktuellen Täter hatte bereits im Mai 2016 an einem Angriff auf das AJZ teilgenommen, bei dem vier Personen verletzt wurden. Trotzdem erklärte die Polizei: „zur Tatmotivation kann noch keine Aussage getroffen werden“. Der 24-jährige zählt zum Umfeld des Erfurter Neonazi-Vereins „Volksgemeinschaft“ und gehörte zum ersten Vorstand des Vereins. Zusätzliche Fragen wirft der von den BesucherInnen des AJZ geschilderte Polizeieinsatz auf. Torsten Kamieth, Sprecher für Antifaschismus in der Fraktion DIE LINKE im Erfurter Stadtrat, bezeichnete es als „empörend, dass die Polizei den Übergriff von bekannten Neonazis gegen ein Jugendzentrum als Vorwand nimmt, in das Gebäude Zentrum einzudringen“. Dabei seien billigend Zerstörungen in Kauf genommen worden, ohne vorher das Gespräch zu suchen, zumal laut Angaben des AJZ jemand mit Schlüssel vor Ort war. Kamieth forderte den Ordnungsdezernenten auf, den Einsatz mit der Polizei kritisch zu besprechen und aufzuarbeiten. Auch die Stadtverwaltung muss Konsequenzen für die Zukunft ziehen. Sie hatte in ihrer Antwort auf eine Anfrage von Kamieth nach Straftaten aus den Reihen des „Volksgemeinschaft e.V.“ in der letzten Stadtratssitzung erklärt, darüber sei ihr nichts bekannt. Renner und Kamieth erklärten: „Nun zeigt sich einmal mehr die Gefahr durch teils stadtbekannte Neonazis, die bei dem Verein ein- und ausgehen. Die Stadt muss nun Schritte einleiten, um den Versammlungsort des Neonazi-Vereins auf dem Herrenberg zu schließen“.