Ukrainische Wissenschaftler in Thüringen

Dr. Reinhard Duddek

Da staunte selbst der Nikolaus, als er am 6. Dezember auf dem Erfurter Wenigemarkt eine kleine Besuchergruppe befragte „Na, woher kommt ihr denn?“ Die Antwort – „We are from Ukraine“ – entlockte ihm die Bemerkung, die Sprache spreche ich nicht, und er zog von dannen. Wie kam es zu dieser Begegnung?
Das System der dualen Ausbildung hat weltweit einen guten Ruf und auch Thüringen verfügt über umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet. Gerade das Studium an der dualen Hochschule – vormals Staatliche Berufsakademie – mit ihren beiden Standorten in Gera und Eisenach ist sehr at-traktiv – sowohl für Studierende als auch wirtschaftliche Unternehmen. Mit der Umwandlung der Berufsakademie Mitte 2016 zur dualen Hochschule Gera-Eisenach (DHGE) wurden Bedeutung und Attraktivität dieser Studienform noch weiter gestärkt.
In der Ukraine ist eine solche Form des Studiums noch unbekannt. Deshalb schlug Prof. Dr. Gawril-juk, der an der DHGE unterrichtet, vor, im Rahmen des Programms des Auswärtigen Amts der BRD „Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland“ ein entsprechendes Projekt zu initiieren. Das Projekt, das von der Deutsch-Russischen Freundschaftsgesellschaft in Thüringen (DRFG) getragen und in Zusammenarbeit mit deutschen und ukrainischen Partnern realisiert wird, will die duale Form des Studiums in der Ukraine bekannt machen und beitragen, dort eigene duale Studiengänge zu entwickeln. Von ukrainischer Seite beteiligen sich Vertreter der Nationalen Staatlichen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew an der Realisierung. Wesentlich ist dabei, dass mit dem Projekt auch die Herausbildung und Stärkung der Zivilgesellschaft in der Ukraine auf ihrem Weg nach Europa unterstützt wird.
Die positiven Erfahrungen aus Thüringen können hierbei sehr hilfreich sein. Bereits im November 2016 führte ich mit Prof. Dr. Gawriljuk in Kiew Gespräche über das Programm des Außenamtes und das Projekt der dualen Hochschulausbildung mit den ukrainischen Kollegen – sie erhielten sogar die Möglichkeit, hierüber mit dem stellvertretenden Minister für Bildung und Wissenschaft der Ukraine zu sprechen – und sind auf eine positive Resonanz gestoßen.
In der Zeit vom 5. Bis 9. Dezember weilten Vertreter aus Kiew hier in Thüringen, um sich im Rah-men des Projektes ein eigenes Bild über Sinn, Ziele, Inhalte, Form und Ablauf der dualen Hoch-schulausbildung zu bilden, die nach 6 Semestern hier mit einen Bachelor-Abschluss endet. Es fanden Gespräche mit Praxispartnern der dualen Hochschule, die die Studierenden über Arbeitsverträge in ihren Unternehmen einstellen, in Erfurt – konkret in den Stadtwerken und der Stadtverwaltung Erfurt – sowie in der Hochschule am Standort Gera statt. Die Gäste hatten eine Vielzahl an Fragen, die sie stellten und sehr ausführlich beantwortet bekamen.
Im Fazit schätzten alle Beteiligten ein, dass die Reise mit den zahlreichen Gesprächen zwar anstren-gend aber auch sehr fruchtbar war und viele neue Denkimpulse vermittelte. Einig sind sich alle Beteiligten, dass das Projekt weiter zu führen ist.